1. FC Kaiserslautern Abpfiff – der Betzenberg-Krimi (10)

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In welchem der Feldkamp einen Einfall hat, wie er der Frau Sandig erst einmal ordentlich Bargeld verschaffen kann.

Als der Feldkamp sich am nächsten Morgen die Zähne putzt, hat er endlich die Gelegenheit, sich den roten Damenslip einmal näher anzuschauen, den die Frau Sandig in der Hosentasche ihres toten Mannes gefunden hat – und der jetzt an einer Wäscheleine hängt, gleich neben der nicht mehr stinkenden Jeans.

Ihr ahnt es schon. Der Feldkamp war dann doch nicht zurück in die Pfalz gefahren. Auch ein Hotelzimmer hat er sich nicht genommen. Irgendwie hat er die arme Frau Sandig einfach nicht allein lassen können, in dem Zustand, in dem sie sich befand. Und als die ihm anbot, doch im Gästezimmer zu schlafen, hat er nicht lange Nein gesagt. Dass es nicht allein sein gutes Herz war, das ihn dazu bewogen hat, will er auch gar nicht bestreiten. Die Geschichte war inzwischen einfach zu gut, in die er da hineingeraten war.

Nun nimmt er also gerade den roten Damenslip von der Wäscheleine, um sich den mal genauer anzusehen. Obwohl, zu sehen gibt es da eigentlich nichts. Das Ding ist ein Hauch von nichts mit irgendwelchen Spitzen garniert, so eine Art Tanga. Oder sagt man dazu G-String, wenn hinten nicht mehr ist als eine Schnur und vorne nur ein kleines Dreieck? Nach seiner bescheidenen Erfahrung besteht es wahrscheinlich aus reiner Seide und ist kein billiges Ding aus einem Sexshop.

Vorsichtig schaut sich der Feldkamp um, damit nicht gerade die Frau Sandig dazukommt, wie er ein Damenhöschen inspiziert.

Hmm, denkt der Feldkamp dabei. Und was lernen wir daraus?

Dreierlei.

Erstens scheint die Besitzerin dieses Seidenhöschens einen teuren Geschmack zu haben.

Zweitens weiß sie wohl, wie man Männer auf Touren bringt.

Und drittens muss der Sandig seine Auswärtsspiele, die er gepfiffen hat, wohl auch für andere Auswärtsspiele genutzt haben …

„Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht“, sagt die Frau Sandig, als er in die Küche kommt. Dort duftet es schon nach Kaffee und frischen Semmeln, und die Marmelade, die neben den Tellern mit Wurst und Käse steht, sieht hausgemacht aus. Schlecht versorgt war der Sandig nicht zu Hause, denkt der Feldkamp. Gut geschlafen hat er allerdings auch nicht. Das Gästezimmer war wahrscheinlich auch das Zimmer, in dem die Mutter vom Sandig ihre letzten Jahre verbracht hat. Zugestellt mit Tisch und Bett, zwei Sesseln, einem alten Röhrenfernseher und einer Kommode mit Jugendfotos von ihr darauf. Die Vorstellung, dass sie in dem Bett gestorben ist, in dem er gerade liegt, war doch etwas unheimlich gewesen. Außerdem hat er immer wieder an den verschwundenen Koffer denken müssen und an das Handy von dem Sandig und wie er den Code knacken kann. Und vom Handy ist er wieder auf das Foto gekommen, das ihnen der Hofreiter gezeigt hat, von dem Schiedsrichter, wie der da auf dem Hotelbett gelegen hat. Irgendetwas war noch auf dem Foto, was ihm aufgefallen ist. Aber es ist ihm immer noch nicht eingefallen, was.

Frau Sandig braucht Geld

„Wie haben Sie das gestern Abend gemeint, dass Sie da eine Idee hätten wegen dem Geld?“, fragt die Frau Sandig und gießt ihm Kaffee ein. „Ich habe doch auch keine Vollmacht für sein Konto.“

„Und einen Führerschein haben Sie auch nicht“, murmelt der Feldkamp mehr zu sich selbst als zu der Frau Sandig und belegt sein Brötchen mit Schinken und Käse.

„Ja, aber das wissen Sie doch.“

„Dann brauchen Sie auch kein Auto. Und deshalb werden wir das heute verkaufen.“

Die Frau Sandig guckt ihn hilflos an. „Aber darf ich das so einfach? Gehört das nicht zum Erbe? Und wenn es doch ein Testament gibt und diese andere Frau Anspruch darauf hat? Das ist doch nicht korrekt, oder?“

„Das vergessen wir jetzt einmal, ob das korrekt ist oder nicht. Ihr Mann hat sie lange genug ausgenutzt. Jetzt sind erst einmal Sie an der Reihe. Und im Moment ist das für Sie das Einfachste, um an Geld zu kommen. Alles, was wir dazu brauchen, ist der Brief.“

„Wel… welchen Brief?“, stottert die Frau Sandig.

„Na, den Fahrzeugbrief“, versucht der Feldkamp zu erklären. „Ohne den Fahrzeugbrief können Sie ein Auto normalerweise nicht verkaufen. Es ist so etwas wie die Geburtsurkunde des Fahrzeugs, in dem alle wichtigen technischen Daten wie zum Beispiel die Fahrgestellnummer drinstehen und wann und auf wen es zugelassen ist. Was aber nicht drinsteht, ist, wer der Eigentümer von dem Auto ist. Doch in der Praxis geht man davon aus, dass dem, der den Fahrzeugbrief vorlegt, das Auto auch gehört und der Käufer zumindest in gutem Glauben handelt, wenn er es kauft.“

Stimmt das so wirklich? Der Feldkamp kriegt plötzlich Zweifel. Sein letztes Auto hat er vor zwölf Jahren verkauft, und wer weiß, ob die inzwischen nicht alles wieder neu geregelt haben. Und hat er nicht einmal davon gelesen, dass der Käufer nicht stutzig werden müsse, wenn der im Fahrzeugbrief eingetragene Halter männlich, der Verkäufer aber plötzlich eine Frau ist? Egal. Mit solchen Spitzfindigkeiten will er die Frau Sandig jetzt nicht belasten, und auf jedem Gebrauchtwagenmarkt wechseln jedes Wochenende Tausende Autos ihre Besitzer, ohne dass gleich ein Notar dabei ist. Außerdem ist es wohl das Beste, den Audi von dem Sandig demselben Händler anzubieten, von dem er ihn damals gekauft hat. Dem wird es nur zu natürlich vorkommen, dass ihn eine Witwe ohne Führerschein wieder loswerden möchte. Den interessiert nur das Schnäppchen, das er aus der Notlage schlagen kann – und nicht ein Erbschein.

Nach dem Frühstück lässt sich der Feldkamp deshalb von der Frau Sandig zeigen, wo ihr Mann seine persönlichen Unterlagen aufbewahrt hat. Und wer weiß: Vielleicht findet er ja dort auch die PIN für sein Handy?

Das Arbeitszimmer bestätigt den Eindruck, den Feldkamp inzwischen von dem Zolloberinspektor, Schiedsrichter und Sportkameraden Peter Sandig gewonnen hat: Im Gegensatz zu seinem Arbeitszimmer in Hamburg ist der Laptop auf dessen Schreibtisch nämlich nicht unter alten Zeitungen oder sonstigem Papierkram begraben. Und die Aktenordner stehen stramm wie Soldaten im Regal. Alle fein säuberlich beschriftet. Und an den Wänden hängen gerahmte Fotos, die alle nur den einen zeigen – ihn in Großaufnahme und Feldherrnpose auf dem Fußballplatz.

Du eitler Gockel, denkt der Feldkamp und klappt als Erstes den Laptop auf. Viel Hoffnung macht er sich dabei nicht. Wie erwartet will der Computer einen Sicherheitscode, genauso wie das Smartphone.

Herr Sandig hatte Geld

Der Fahrzeugbrief macht dagegen keine Probleme. Der ist fein säuberlich abgeheftet. Gleich hinter dem Kaufvertrag. Ausgestellt vor knapp einem halben Jahr. Demnach hat der Sandig den Audi A8 von einem Autohaus Sapina in Memmingen, bei dessen Namen sofort etwas im Kopf vom Feldkamp klingelt, worüber er aber nicht weiter zum Nachdenken kommt, als er den Kaufpreis sieht: Mit allem Schnickschnack hat der Sandig über 120 000 Euro für den Audi bezahlt.

121 383 Euro, um genau zu sein!

Dafür muss eine alte Frau lange stricken, denkt der Feldkamp und stellt sich die Frage, die sich jeder von euch wahrscheinlich auch schon die ganze Zeit gestellt hat: Woher hat der Sandig so viel Geld gehabt?

Die Frau Sandig weiß das auch nicht. „Irgendwann hat er einmal erzählt, dass ihm seine Mutter viel Geld hinterlassen hat“, sagt sie dem Feldkamp. „Aber wie viel, hat er nie gesagt.“

Dem Feldkamp gehen natürlich jetzt gleich die wildesten Vermutungen durch den Kopf. Genauso wie euch wahrscheinlich. Und jetzt fällt ihm auch ein, warum es bei dem Namen Sapina bei ihm gerade geklingelt hat: Ante Sapina, das war doch dieser kroatische Wettpate, der damals auch den Schiedsrichter Robert Hoyzer bestochen hat. Nee, denkt er. Das wäre ein Ding, wenn ich jetzt auf einen neuen Wettskandal gestoßen bin! Das würde einiges erklären, zum Beispiel, warum der Sandig immer so schräg gepfiffen hat.

Und seinen merkwürdigen Tod vielleicht auch?

Der Feldkamp sieht schon den Killer von der Mafia nachts durch die Flure des Hubertushofs schleichen und muss sich am Riemen reißen, sich nicht in Fantasien zu verlieren wie seine Mutter. Immerhin könnte das ja sein, dass er geerbt hat. Aber das müsste ja relativ schnell und einfach festzustellen sein. Wie gut, dass der Sandig auch privat so ein „Dibbelschisser“ gewesen ist: „Wann ist die Mutter eigentlich gestorben?“, fragt er die Frau Sandig und greift sich den Aktenordner mit der Aufschrift „Kontoauszüge“.

„Vor drei Jahren.“

Hm, überlegt der Feldkamp. Dann müssten wir ja hier etwas finden.

Gespannt blättert er sich durch die Auszüge. Das Konto von dem Sandig ist wirklich gut gefüllt. Auf jeden Fall ist da weit mehr drauf als auf seinem. Und wenn er es in der Schnelle richtig überschlagen hat, ist der Sandig zusammen mit seinem Gehalt als Zolloberinspektor jeden Monat im Schnitt auf mehr als 10 000 Euro gekommen.

Junge, Junge, denkt der Feldkamp. Das war mir bisher gar nicht so klar, was ein Bundesliga-Schiedsrichter heutzutage verdient. Zur Vorsicht googelt er trotzdem noch einmal nach auf seinem Handy. Aber das stimmt alles. Seit der Saison 2018/2019 kriegt ein Schiri allein 60 000 Euro Grundgehalt vom DFB im Jahr. Die Fifa-Schiedsrichter der ersten Kategorie bekommen sogar 80 000 Euro. Und für jeden Einsatz gibt es noch einmal 5000 Euro on top. Gut, in der 2. Bundesliga „nur“ noch 2500 Euro pro Spiel, aber das läppert sich auch, wenn man so viel gepfiffen hat wie der Sandig.

Ein bisschen schwindlig ist dem Feldkamp geworden bei all den hohen Zahlen. Und darüber hat er ganz vergessen, dass er ja nachschauen wollte, ob der Sandig vor drei Jahren eine größere Summe aus dem Erbe seiner Mutter bekommen hatte. Aber das war jetzt eigentlich auch egal. Auf jeden Fall stand fest: Auch so ein teures Auto wie diesen Audi A8 hat der Sandig sich leisten können.

Der Feldkamp will den Aktenordner gerade wieder zurück ins Regal stellen, als ihm doch noch etwas einfällt: Wann hat der Sandig seinen Audi gekauft?

Vor einem halben Jahr?

Denn da ist nichts auf den Kontoauszügen. Kein Abfluss von 121 383 Euro. Keine Überweisung im fraglichen Zeitraum.

Merkwürdig, denkt der Feldkamp und schaut sich jetzt den Kaufvertrag einmal genauer an.

Und siehe da: Der Herr Sandig hat seinen Audi bar bezahlt …

Weiterlesen? Alle Teile des Betze-Krimis finden Sie hier.

Zur Person

Udo Röbel, geboren 1950 in Neustadt an der Weinstraße, ist Journalist und Autor. Der ehemalige RHEINPFALZ-Volontär wurde später in die Chefredaktion des Kölner „Express“ und an die Spitze der BILD-Zeitung berufen. Für seine Rolle in der sogenannten Kießling-Affäre wurde er mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet. 1988 stieg er bei der Geiselnahme von Gladbeck zu Entführern und Geiseln ins Auto. Das Verhalten der Medien während der Geiselnahme führte zu einer Erweiterung der Richtlinien im Pressekodex. Heute lebt Röbel in Hamburg und Berlin. Ein Interview mit dem Autor finden Sie hier.

Journalist und Autor Udo Röbel.
Journalist und Autor Udo Röbel.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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