Meinung Tourismus in der Pfalz: Nicht immer nur schönreden!

Landschaft und Natur: top – Angebote für Familien mit Kindern: eher mau, sagen Menschen, die es wissen müssen: Pfälzer Eltern.
Landschaft und Natur: top – Angebote für Familien mit Kindern: eher mau, sagen Menschen, die es wissen müssen: Pfälzer Eltern.

Die Pfalz ist nicht das Tourismustraumland, das sie zu sein glaubt. In Sachen Urlaub mit Kindern sind andere Regionen viel weiter, und bei den Wanderwegen gibt’s auch Luft nach oben. Zeit für eine kritische Standortbestimmung und neue Ideen.

Man kann es sich als Region schön bequem machen hinter Schlagworten wie „Fröhliche Pfalz“ oder „Toskana Deutschlands“. Die Natur zwischen Rhein und Saar hat enorm viel zu bieten, und die Feierkultur der Pfälzer lockt an jedem Wochenende neu Zehntausende Menschen an. Doch einen klaren Blick auf die Pfalz gewinnt man leider nicht wein- oder bierselig mit einem Glas in der Hand.

Als die Zeitschrift „Wandermagazin“ neulich die schönsten Tagestouren 2023 wählen ließ und 45.000 Menschen abstimmten, landeten drei Touren aus Rheinland-Pfalz ganz vorn: die Wasserfall-Erlebnisroute in der Eifel, der von Tolkiens „Der Herr der Ringe“ inspirierte „Auenlandweg“ im Westerwald und das „Lecker Pfädchen“ im Hunsrück. Die Pfalz war zwar immerhin auf Platz 6 platziert mit dem „Hahnfelsweg“ im Dahner Felsenland und auf Platz 15 mit dem „Treidlerweg“ in den Hördter Rheinauen, aber die Maßstäbe setzten andere. Bei den Mehrtagestouren war die Pfalz in diesem Jahr erst gar nicht im Rennen. Und mal genauer hingeschaut: Seit dem Jahr 2006 gingen 5 von 108 Top-3-Platzierungen dieses Publikumspreises in die Pfalz (übrigens allesamt in die Südwestpfalz), nur eine dieser guten Platzierungen schaffte die Pfalz nach 2013: Platz 2 für den Rodalber Felsenwanderweg im vergangenen Jahr.

Das lässt sich abtun als nicht repräsentativ, und man kann sich auch brav zufriedengeben. Zum Selbstverständnis vom Tourismustraumland Pfalz, das die fürs hiesige Fremdenverkehrsmarketing Verantwortlichen den Pfälzern gerne einimpfen wollen, passt das Ergebnis nicht. Eigentlich müsste es gerade allerorten Aufrufe und Initiativen geben: Was machen die anderen gut? Wie können wir besser werden? Was fehlt in der Pfalz? Wie kriegen wir mehr spannende Mehrtagestouren an den Start, die Menschen in alle Ecken der Pfalz locken und begeistern?

Eine Frau, die sich besonders gut auskennt mit den touristischen Angeboten in der Pfalz, ist Linda Schwind aus Neustadt. Auf ihrem Internetportal „Pfalz mit Kids“ stellt sie kostenlos und äußerst erfolgreich Touren und Angebote für Familien mit Kindern vor. Vor Kurzem hat sie auf Instagram einen Weckruf gesendet, in dem es um den Nachwuchs an Naturbegeisterten ging: „Wieso bekommen andere Regionen so viele familienfreundliche Angebote hin und wir hier nicht?“, fragte sie, und die Resonanz war enorm. Viele Eltern von Kindern pflichteten ihr bei oder berichteten von eigenen Erfahrungen. Im Interview mit der RHEINPFALZ am SONNTAG erzählt Linda Schwind, sie habe „unwahrscheinlich viele Nachrichten von Menschen erhalten, die sagen: Es geht in der Pfalz immer nur um Wein, und dass man das vielleicht mal überdenken sollte“. Wer schon – nur ein Beispiel – auf einer der vielen schicken Weinbergswanderungen war und dort vergeblich nach Angeboten für Kinder gesucht hat, weiß, was die Kritiker umtreibt.

Denkanstöße, was die Pfalz in Sachen Tourismus besser machen kann, gibt’s also durchaus. Jetzt müsste nur noch was passieren

Linda Schwind im Interview: „Manchmal würde eine Schaukel schon helfen“

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