Rheinland-Pfalz Nationalpark – eine verpasste Chance?

PIRMASENS (jüm). Nächstes Jahr an Pfingsten soll der rheinland-pfälzische Nationalpark eröffnet werden. Und zwar im Hunsrück. Pläne für ein solches Schutzgebiet in der Südwestpfalz scheiterten vor drei Jahren am lautstarken Widerstand von Teilen der Bevölkerung. Der Frage, ob das „eine vertane Chance“ war, ging Dennis Urbanek, Oberstufenschüler am Leibniz-Gymnasium Pirmasens, in seiner Facharbeit nach.

Urbanek lebt in Münchweiler an der Rodalb, der Pfälzerwald liegt vor seiner Haustür. Aufmerksam hat der Gymnasiast die Debatte in den Medien verfolgt, als auf Initiative der Mainzer Landesregierung das Thema „Nationalpark im Pfälzerwald?“ auf die Tagesordnung kam. „Diese Diskussion war ein Anreiz für mich, das mal sauber aufzuarbeiten“, sagt der 18-Jährige im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Im vergangenen Schuljahr ergab sich eine Gelegenheit dazu: Im Erdkunde-Leistungskurs schlug er seinem Lehrer Jochen Mathes spontan vor, die Frage „Gescheiterter Nationalpark Pfälzerwald – Eine vertane Chance?“ zum Thema einer Facharbeit zu machen, und bekam das „Okay“ dafür. Parallel zum Unterricht sammelte Urbanek wochenlang Material. Die Recherche erwies sich als recht aufwendig. „Zum Glück“, so der 18-Jährige, wurde er im Internet auf den Pressespiegel der Mainzer Landesregierung aufmerksam, wo allein etwa 80 Zeitungsartikel – die meisten stammen aus der RHEINPFALZ – zum Thema Pfälzerwald aufgelistet sind. Damit hatte er schon mal eine Informations-Grundlage. Außerdem spürte Urbanek Veröffentlichungen von Experten im Internet auf und interviewte Michael Grünfelder, den Leiter des Forstamtes Hinterweidenthal. Dieses Gespräch mit dem Forstmann „hat mir sehr viel geholfen“. Dann folgte für den Gymnasiasten der schwierigste Teil seiner Arbeit: „Aus dem Material-Dschungel das Wichtige für mein Thema herauszuziehen. Wie man das macht, dafür gibt es keine Anleitung.“ Trotzdem ist ihm das gut gelungen, was ihm auch von seinem Lehrer attestiert wurde. Auf 20 Seiten fasste Urbanek das Ergebnis der aufwendigen Recherche zusammen. Sein Fazit: Vor- und Nachteile eines Nationalparks hätten sich in der Südwestpfalz in etwa die Waage gehalten. Das gelte sowohl für das zunächst von der Landesregierung in Erwägung gezogene Gebiet im südlichen Wasgau bei Fischbach und Ludwigswinkel, als auch für das Alternativgebiet im Gräfensteiner Land nördlich von Hinterweidenthal. Insofern stelle das Scheitern der Nationalpark-Pläne „nur bedingt eine vertane Chance“ dar. Zu dieser Erkenntnis kommt der 18-Jährige nach einer Analyse und einem Vergleich der beiden Gebiete. Positiv hätten demnach in beiden Fällen die Auswirkungen eines Nationalparks im Hinblick auf den Naturschutz zu Buche geschlagen. Wobei das Gebiet im Gräfensteiner Land gegenüber dem südlichen Wasgau eine größere, von Verkehrswegen unzerschnittene Hauptfläche besitze. Außerdem befindet sich dort unterhalb des Luitpoldturmes mit dem Quellgebiet der Wieslauter bereits eine Kernzone des Pfälzerwaldes, in der die Kräfte der Natur weitgehend ungestört vom Menschen walten dürfen. Daraus resultiere eine höhere Schutzwürdigkeit. Hätte das Gräfensteiner Land also in naturschutzfachlicher Sicht leicht die Nase vorn, so würde der südliche Wasgau nach Urbaneks Analyse eher im Hinblick auf die regionalökonomischen Effekte punkten. Sein Argument: In wirtschaftlicher Hinsicht könne ein Nationalpark vor allem im Tourismus positive Impulse auslösen. Während das Gräfensteiner Land kein traditionelles Tourismusgebiet sei, weise das Dahner Felsenland eine elfmal höhere Besucherzahl und damit auch entsprechend höhere Bettenkapazitäten auf. Damit hätte der südliche Wasgau einen Vorteil gegenüber dem Gräfensteiner Land im Wettbewerb mit den übrigen Nationalparken in Deutschland. Den Vorteilen stünden die mit einem Nationalpark verbundenen Beschränkungen gegenüber. Zu letzteren zählen unter anderem Tabuzonen für Waldbesucher und Einschränkungen bei der Holznutzung. Solche Nachteile wären zwar unabhängig vom Standortort eines Nationalparks überall in etwa gleich. Aus den heftigen Protesten von Bürgern im Südwasgau gegen ein Nationalparkprojekt schließt Urbanek aber, dass die Menschen dort einen etwas höheren „persönliche Werteverlust“ empfunden hätten als ihre Nachbarn im Gräfensteiner Land. Zum Schluss erläutert Urbanek noch eine wichtige Erkenntnis aus der Nationalpark-Debatte: Um „eine emotionale Aufladung“ wie in der Südwestpfalz zu vermeiden, und um zu einer sachlichen Diskussion zu kommen, müssten sich die politisch Verantwortlichen um Information und Aufklärung der Bevölkerung bemühen. Denn nur so könnten Vor- und Nachteile abgewogen werden, ließe sich ein passendes Konzept optimal erarbeiten.

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