Rheinland-Pfalz Medizinerin: Bei Essstörung nicht automatisch auf sexuellen Missbrauch als Ursache schließen

Stellvertretende Chefärztin der Jugendpsychiatrie in Klingenmünster: Susanne Lieb.
Stellvertretende Chefärztin der Jugendpsychiatrie in Klingenmünster: Susanne Lieb. FotO: frei

Wie häufig wird Magersucht durch sexuellen Missbrauch ausgelöst? Diese Frage stellt sich RHEINPFALZ-Leser Andreas Becker nach dem Interview mit Dr. Susanne Lieb vom 23. September. Die stellvertretende Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Klingenmünster hatte im Gespräch mit der RHEINPFALZ verschiedene Ursachen der Magersucht genannt und über Hilfsangebote informiert.

Sexueller Missbrauch erhöhe das Risiko für viele psychische Erkrankungen, sagt Lieb auf Anfrage. „Kinder und Jugendliche, die sexuelle Übergriffe erfahren haben, haben eine größere Körperunzufriedenheit und oft einen geringen Selbstwert. Dies wiederum sind Risikofaktoren für eine Essstörung.“ Laut Lieb haben Jugendliche mit einer Essstörung etwas häufiger als der Durchschnitt sexuelle Grenzverletzungen erlebt.

Anorexie kann viele Gründe haben

Es sei jedoch nicht richtig, wenn eine Essstörung vorliege, automatisch auf einen sexuellen Missbrauch zu schließen, betont die Psychologin. „Bei der Anorexie müssen wir immer von einem multikausalen Geschehen bei der Entstehung der Krankheit ausgehen.“ Neurobiologisch-genetische, soziokulturelle und individuelle Faktoren seien bei der Ursachenforschung und der Behandlung zu berücksichtigen.

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