In eigener Sache Bei Wind und Wetter: Die außergewöhnlichen Begegnungen der Zeitungsausträger

Jeden Morgen um 0.30 Uhr klingelt bei Martina Ehwald (59) der Wecker. Sie ist einer der 1700 Zeitungsausträger der RHEINPFALZ. „Um kurz nach 1 Uhr hole ich die Zeitungen ab und um 1.45 Uhr fange ich mit dem Verteilen an“, sagt die Zustellerin. Denn bis spätestens 6 Uhr muss jeder Abonnent seine Zeitung haben. Das frühe Aufstehen macht ihr nichts aus. „Ich geh ja auch schon abends um 20 Uhr ins Bett“, sagt sie lachend.
Seit mehr als 30 Jahren verteilt sie nun bei Wind und Wetter die Zeitungen in Gönnheim (Kreis Bad Dürkheim). Bevor sie die RHEINPFALZ zu den Abonnenten brachte, trug sie die Frankfurter Allgemeine Zeitung sechs Jahre lang aus. „Damals hat man noch Beziehungen gebraucht, um eine RHEINPFALZ-Tour zu bekommen“, erzählt sie mit breitem Pfälzer Akzent. Für die rund 300 Ausgaben, die sie teils zu Fuß, teils mit dem Auto verteilt, brauche sie etwa drei Stunden.
Zum Absacker eingeladen
„Zu meinem Gebiet gehören auch ein paar Aussiedlerhöfe, daher brauche ich so lang“, sagt Ehwald. Ihr gefällt an der Arbeit besonders, dass sie sich ihre Tour selbst einteilen kann. Sie fing mit dem Job an, als ihre Tochter noch klein war. „Das war ideal: Morgens konnte ich mich um sie kümmern und abends mein Mann“, sagt sie. Seit 20 Jahren kümmert sich Ehwald auch noch um das Beschwerde-Management in Bad Dürkheim: „Da organisiere ich kurzfristigen Ersatz für ausgefallene Zusteller, oder bringe Zeitungen zu den Kunden, welche sie morgens nicht erhalten haben.“
Wer so früh unterwegs ist, treffe auf der Straße nur wenige Menschen, sagt Ehwald. Wenn doch, könne es auch schon mal die Einladung für einen Absacker geben, etwa wenn man Heimkehrern einer durchzechten Nacht begegnet, berichtet sie.
Zwei Autodieben begegnet
Andere Zusteller treffen auch mal Abonnenten, die entweder wenig oder auch mal gar nichts anhaben, während sie ihre Zeitung entgegennehmen, erzählt Daniel Götz. Er ist Geschäftsführer der PVG Presse-Vertriebs GmbH, die Teil der RHEINPFALZ-Mediengruppe ist. Austrägerin Ehwald liefen auch mal zwei Langfingern über den Weg: Eines Nachts hörte sie in der Entfernung, wie eine Autoscheibe eingeschlagen wurde. Am beschädigten Fahrzeug angekommen, wurde sie von den beiden Gaunern bemerkt, die sofort über eine Mauer in den nächsten Weinberg flüchteten. „Ich war froh, dass in der Nacht mein Mann mit dabei war“, erzählt sie. Laut Götz berichten Zusteller aber auch von schönen Begegnungen, wie Hunden und Katzen der Kunden, mit denen sie sich über die Jahre angefreundet haben.
Die Corona-Pandemie habe vieles verändert, sagt Ehwald. So wurden laut Götz eine Zeit lang etwas mehr Zeitungen ausgetragen. Durch Kurzarbeit und Stellenstreichungen andernorts haben sich mehr Leute gefunden, die Zeitungen austragen wollten. Doch waren auch die Zeitungszusteller von hohen Krankenständen gebeutelt, berichtet Götz. Zudem seien die Mitarbeiter durch die nächtlichen Ausgangssperren verunsichert gewesen. Speziell seit der Pandemie und dem Beginn des Ukraine-Kriegs habe Ehwald keine der nächtlichen Begegnungen etwa mit Feierlustigen gehabt.
Breiter Kollegenstamm
Und weder das Mehr an Zeitungen noch an Kollegen war laut Götz von Bestand. Martina Ehwald denkt, dass Letzteres mitunter daher komme, dass der Job nicht mehr so beliebt wie einst: „So früh aufzustehen passt vielen nicht mehr in den Kram“ , sagt Ewald. In Bad Dürkheim sei der Kollegenstamm dennoch breitgefächert: vom Studenten bis hin zur 84-Jährigen, die seit über 50 Jahren austrägt. „Viele Kollegen machen das parallel zu ihrer regulären Arbeit“, sagt die 59-Jährige.
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Die RHEINPFALZ sucht immer wieder Zusteller. Aktuelle Stellenausschreibungen gibt es hier.