Fragen und Antworten Zwei Drittel der Russen sind für die Verfassungsänderungen. Was bedeutet das?

 Präsident Putin zeigt bei der Stimmabgabe zur Verfassungsänderung einer Mitarbeiterin der Wahlkommission seinen Pass.
Präsident Putin zeigt bei der Stimmabgabe zur Verfassungsänderung einer Mitarbeiterin der Wahlkommission seinen Pass.

In Russland wurde über eine neue Verfassung des flächenmäßig größten Staates der Erde abgestimmt. Mit knapp 78 Prozent unterstützten die Bürger damit auch Änderungen, die Präsident Wladimir Putin zwei weitere Amtszeiten ermöglichen – theoretisch bis zum Jahr 2036. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte.

Wie werden weitere Amtszeiten Putins ermöglicht?
Bisher gestattet die russische Verfassung dem Staatsoberhaupt nur zwei Amtszeiten in Folge. Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung werden die bisherigen Amtszeiten jedoch nicht mehr gezählt. Putin könnte bei den Präsidentschaftswahlen 2024 und 2030 also jeweils erneut antreten – und damit bis 2036 im Amt bleiben. Dann wäre er 83 Jahre alt. Seine erste Amtszeit als Präsident begann Putin im Jahr 2000. Zwischendurch amtierte er vier Jahre als Ministerpräsident, um sich dann – aus dieser Position heraus und damit verfassungsgemäß – 2012 und 2018 erneut zum Staatschef wählen zu lassen. Seine jetzige Amtszeit endet 2024.

Gibt die neue Verfassung dem Präsidenten auch neue Befugnisse?
Das Staatsoberhaupt bekommt mit der neuen Verfassung das Recht zur Parlamentsauflösung, wenn ein von ihm nominierter Minister dreimal durch die Abgeordnetenabstimmung fällt. Dem Präsidenten wird außerdem erheblicher Einfluss auf die Arbeit der Judikative zugestanden, unter anderem darf er künftig Richter entlassen und ernennen.

Ist die neue Verfassung progressiver oder konservativer?
Trotz der langen Geschichte Russlands als säkularer Staat wird der „Gottesglauben“ in der Verfassung verankert. Außerdem wird die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau festgeschrieben, was homosexuelle Ehen ausschließt. Weitere Änderungen, die eher konservativem Gedankengut mehr Gewicht verleihen, zielen darauf ab, die „historische Wahrheit“ über die Rolle des Landes im Zweiten Weltkrieg zu schützen: Das Andenken an „die Verteidiger des Vaterlandes“ soll verstärkt geehrt werden. Putin wirft dem Westen vor, Russland zu „beleidigen“, indem dieser die Rolle der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg und beim Sieg über Nazi-Deutschland nicht hinreichend beachte.

Gibt es so etwas wie „Russland first“ nach US-Vorbild?
Mit der neuen Verfassung wird Artikel 79 geändert. Damit steht die russische Verfassung nun über internationalen Verträgen. Das sei „nicht vereinbar mit Russlands internationalen Verpflichtungen“ gemäß der Vereinbarungen der Venedig-Kommission des Europarats, dem Russland angehört, kritisiert die EU-Kommission. Unter die Verpflichtungen fallen unter anderem die Umsetzung der Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs.

Spiegelt sich der Krim-Konflikt in der Verfassung?
Der neue Wortlaut der Verfassung untersagt die Abgabe von russischem Territorium. Demnach sind alle Aufrufe zu einem solchen Schritt verboten. Diese Änderung wird rechtlich zementieren, dass Russland die 2014 von der Ukraine annektierte Krim oder die Inselgruppe der Kurilen – über deren Zugehörigkeit sich die Russen seit Jahrzehnten mit den Japanern streiten – behält.

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