Bundeswehr Zurück zur Wehrpflicht?

Damals gab es die Wehrpflicht noch: Rekruten der Bundeswehr bei ihrem Gelöbnis im Juli 2009.
Damals gab es die Wehrpflicht noch: Rekruten der Bundeswehr bei ihrem Gelöbnis im Juli 2009.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat in Deutschland die Debatte über die Wehrpflicht oder eine neuartige Dienstpflicht wiederbelebt. Selbst ein Linken-Politiker plädiert dafür.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sagte in einem Interview vom Mittwoch, die Streitkräfte bräuchten „gut ausgebildetes, in Teilen sogar hoch spezialisiertes Personal“ etwa zur Abwehr von Cyberangriffen. Wehrpflichtige könnten das nicht leisten. „Die Wehrpflicht, so, wie wir sie noch kennen, ist in der jetzigen Situation nicht erforderlich“, sagte Zorn den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Bundeswehr und ihre Aufgaben hätten sich verändert. „Für den Kampf im Cyberraum, um nur ein Beispiel zu nennen, sind Wehrpflichtige absolut ungeeignet.“ Zorn wies zudem darauf hin, dass eine Entscheidung dieser Tragweite nicht auf die Schnelle getroffen werden könne. „Mit Blick auf eine Umstrukturierung der Bundeswehr wieder hin zu einer Streitkraft, die sich wesentlich auf eine Mobilmachung aus dem Volk heraus abstützt, muss es vorher eine gesamtgesellschaftliche Debatte geben.“

Gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht sprach sich auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert aus. „Eine Reaktivierung der Wehrpflicht leistet keinen Beitrag zum Abbau aktueller Bedrohungen und lenkt von dringlichen Problemen ab“, sagte er den Funke-Zeitungen. Ihr Nutzen für die Bundeswehr sei mehr als fraglich.

Baldauf für „Deutschlandjahr“

Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und der angekündigten Stärkung der Bundeswehr gab es aus der CDU, aber auch von einzelnen SPD-Abgeordneten Forderungen, eine allgemeine Dienstpflicht zu diskutieren. Diese würde sich nicht auf die Wehrpflicht beschränken, sondern alternativ auch einen Pflichtdienst etwa im Pflege- und Sozialbereich vorsehen.

Der Chef der rheinland-pfälzischen CDU-Landtagsfraktion, Christian Baldauf, äußerte sich in diese Richtung. „Wir brauchen eine geordnete gesellschaftliche Debatte wie ein ,Deutschlandjahr’ aussehen kann. Dafür dürfen wir uns nicht allzu viel Zeit lassen“, sagte der Frankenthaler.

Der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß sagte: „Ich setze mich schon seit Längerem für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen ein, das bei der Bundeswehr, aber etwa auch bei Hilfsorganisationen oder in den Bereichen Pflege und Erziehung absolviert werden kann.“ Den Funke-Zeitungen sagte er: „Wir brauchen wieder mehr Staatsbürger und weniger Ich-Bürger!“

Auch der rheinland-pfälzische SPD-Chef Roger Lewentz zeigte sich offen. Das Wichtigste sei, dass de Bundeswehr die notwendige Ausrüstung erhalte. „Danach sollten wir über einen Dienst der Frauen und Männer für unser Land diskutieren“, sagte Lewentz. „Als ehemaliger Wehrdienstleistender war ich persönlich ein großer Fan der Wehrpflicht.“ Er wolle aber auch die Experten der Bundeswehr hören.

Ramelow will Wehrpflicht

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sprach sich indes für eine allgemeine Wehrpflicht aus. „Im Gegensatz zu meiner Partei bin ich sowohl für eine gut ausgerüstete Bundeswehr als auch für eine allgemeine Wehrpflicht“, schrieb der Linke-Politiker in seinem Blog. Allerdings müsse beides modern gestaltet „und der Auftrag der Truppe so klar formuliert sein, dass sich die Bevölkerung hinter ihren Zielen vereinigen kann“.

In dem Tagebucheintrag, den Ramelow bereits am Dienstag veröffentlichte, plädierte der 66-Jährige für eine „Parlamentsarmee der Landesverteidigung“. Seiner Ansicht nach sollte eine solche Armee auf Verteidigung beschränkt sein – ohne Auslandseinsätze wie in Afghanistan oder in Mali.

Er sehe wenig Sinn in einer Wiedereinführung der Wehrpflicht, sagte wiederum CSU-Chef Markus Söder. Auch gegenüber einer allgemeinen Dienstpflicht sei er sehr skeptisch. Er sehe einerseits ein verfassungsrechtliches Problem, wenn junge Menschen zu einem einjährigen Dienst verpflichtet würden. Zudem würde der Plan „ein enormes Maß an zusätzlicher Bürokratie“ bedeuten. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie sei nun nicht die Zeit, „junge Menschen zusätzlich zu verunsichern“, sagte der bayerische Ministerpräsident in München.

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