Politik Verteidigungsministerium: Ein Schleudersitz

Wer an der Spitze des Verteidigungsministeriums steht, hat die Befehls- und Kommandogewalt über die Bundeswehr.
Wer an der Spitze des Verteidigungsministeriums steht, hat die Befehls- und Kommandogewalt über die Bundeswehr.

Das Verteidigungsministerium zählt zu den heikelsten Posten in der Bundesregierung. Seit Gründung des Ministeriums 1955 gab es 19 Ressortchefinnen und -chefs. Ein Überblick über gescheiterte Amtsinhaber

Franz-Josef Strauß (1956 - 1962): Der CSU-Politiker trieb in seiner Amtszeit den Ausbau der Bundeswehr voran. 1962 geriet Strauß in den Sog der „Spiegel“-Affäre – einen der größten Skandale der jungen Bundesrepublik. Das Hamburger Magazin wurde wegen eines kritischen Artikels strafrechtlich verfolgt, dem Minister wurde in diesem Zusammenhang eine falsche Unterrichtung des Bundestags vorgeworfen. 1962 trat Strauß als Minister zurück.

Kai-Uwe von Hassel (1963 - 1966): Der in Deutsch-Ostafrika geborene CDU-Politiker folgte im Januar 1963 auf Strauß. In seine Amtszeit fiel die Ausrüstung der Bundeswehr mit neuen Waffensystemen. Von Hassels Ansehen wurde durch den „Starfighter“-Skandal schwer beschädigt: Dabei ging es um ein aus den USA importiertes Kampfflugzeug, das zahlreiche Abstürze zu verzeichnen hatte. 1966 wurde von Hassel ins Amt des Vertriebenenministers abgeschoben.

Rupert Scholz (1988 - 1989): Der Berliner CDU-Politiker hielt sich nur elf Monate an der Spitze des Verteidigungsministeriums. Er ist damit der Ressortchef mit der kürzesten Amtszeit. Diese stand unter dem Eindruck der Katastrophe bei der Flugschau von Ramstein. Das Unglück stieß eine Debatte über Tiefflugverbote an, in welcher Scholz Führungsschwäche vorgeworfen wurde. Bei einer Kabinettsumbildung 1989 wurde er nicht wieder berücksichtigt.

Rudolf Scharping (1998 - 2002): Der frühere SPD-Chef verantwortete als Verteidigungsminister mehrere umstrittene Auslandseinsätze der Bundeswehr – etwa im Kosovo-Konflikt 1999 und in Afghanistan ab 2001. Eine Reihe von unglücklichen Auftritten und Affären kosteten Scharping viel Ansehen, unter anderem die Annahme von Honoraren von einem Unternehmensberater. Auf Druck von Kanzler Gerhard Schröder musste Scharping seinen Hut nehmen.

Franz-Josef Jung (2005 - 2009): Der CDU-Politiker wechselte im Jahr 2005 von der hessischen Landespolitik ins Amt des Verteidigungsministers. Kritiker warfen ihm Profillosigkeit vor. 2009 wurde Jung Arbeitsminister – und musste kurz darauf wegen einer Affäre aus seiner Zeit im Verteidigungsressort zurücktreten. Es ging um Informationspannen im Zusammenhang mit einem von einem Bundeswehr-Kommandeur befohlenen Luftangriff bei Kundus in Afghanistan.

Karl-Theodor zu Guttenberg (2009 - 2011): Der CSU-Politiker avancierte schnell zum Publikumsliebling, ehe eine Affäre um Plagiate in seiner Doktorarbeit den politischen Absturz einleitete. Nach nur 16 Monaten im Amt musste Guttenberg zurücktreten. Kernstück seiner kurzen Amtszeit war die Verkleinerung der Streitkräfte, die inzwischen als massiver politischer Fehler betrachtet wird.

Thomas de Maizière (2011 - 2013): Der CDU-Politiker wechselte 2011 vom Innen- ins Verteidigungsressort, und auch er zog sich dort Blessuren zu. De Maizière musste die Entwicklung der Drohne Euro-Hawk wegen fehlender Zulassung für den deutschen Luftraum stoppen lassen, nachdem Investitionen von mehr als 500 Millionen Euro getätigt worden waren. 2013 wechselte de Maizière zurück ins Innenressort, nach der Wahl 2017 wurde er nicht wieder ins Kabinett berufen.

Als Nächste: Christine Lambrecht? Glücklos und ungeschickt: So lautet die Kritik an der SPD-Politikerin, die im Dezember 2021 von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an die Spitze des Wehrressorts berufen wurde. Lambrecht war als Rechts- und Innenpolitikerin profiliert, mit Verteidigung hatte sie vorab wenig zu tun. Mit ihrem verunglückten Silvester-Video löste sie nun erneut Kritik aus. Im Umgang mit dem Ukraine-Krieg war ihr von Beginn an Überforderung vorgeworfen worden, eine Vision für die Neuaufstellung der Bundeswehr ließ sie nicht erkennen. Hinzu kamen Peinlichkeiten wie die Mitnahme ihres Sohns in einem Regierungsflieger.

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