Energie Verbände und Gewerkschaften fordern Industriestrompreis

Die BASF gehört zu den bundesweit großen Stromverbrauchern.
Die BASF gehört zu den bundesweit großen Stromverbrauchern.

Eine Allianz aus Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften der energieintensiven Industrien fordert einen zeitlich befristeten subventionierten Industriestrompreis.

Es ist eine Mischung aus lautem Hilferuf und dringender Warnung, mit der sich mehrere Gewerkschaften und Industrieverbände am Freitag an Politik und Öffentlichkeit gewandt haben. Gemeinsam fordern sie die rasche Einführung eines Industriestrompreises und warnen vor der Abwanderung vor allem energieintensiver Branchen aus Deutschland. Für diese Branchen sei es „fünf vor zwölf“, heißt es in einer Stellungnahme; längst drohten Verlagerungen, Standortschließungen und der Verlust von Arbeitsplätzen.

Die „Allianz“, zu der sich die beteiligten Organisationen und Verbände diese Woche zusammengeschlossen haben, verlangt deshalb einen „wirksamen Brückenstrompreis“ – schon der Begriff legt nahe, dass es sich dabei um eine vorübergehende Maßnahme handeln soll. Entsprechend wird ein „zeitlich begrenzter Brückenstrompreis“ gefordert für die Zeit, bis genügend Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht. Das Bündnis vertritt nach eigenen Angaben mehr als 1,1 Millionen Beschäftigte in mehr als 8000 Unternehmen.

IG BCE warnt vor „Exodus“ von Betrieben

Der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, warnte vor einem „Exodus der energieintensiven Betriebe“, den sich Deutschland weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich noch klimapolitisch leisten könne. Markus Steilemann, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie, sieht diese „am Scheideweg“. „Das Haus brennt, und wir brauchen den Brückenstrompreis dringend als Löschwasser“, sagte Steilemann.

Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sieht ohne Industriestrompreis die Gefahr, dass Stahlerzeugung, Aluminiumindustrie und andere energieintensive Branchen „eher früher als später“ aus Deutschland verschwinden. Laut Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, liegen die Stromkosten für Unternehmen in Deutschland „zwei- bis dreifach“ über den Kosten europäischer und internationaler Wettbewerber.

Regierung streitet über Industriestrompreis

Innerhalb der Bundesregierung gibt es Streit um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will für eine Übergangsphase einen „Brückenstrompreis“ von sechs Cent je Kilowattstunde für besonders energieintensive Betriebe. Das Geld solle aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) kommen. Dieser in der Corona-Pandemie errichtete Fonds wurde in der Energiekrise reaktiviert, um deren Folgen abzufedern.

Der Koalitionspartner FDP lehnt einen Industriestrompreis und eine Öffnung des WSF strikt ab. Ich persönlich tue mich damit sehr schwer“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai diese Woche in der ARD. „Wir reden hier über subventionierte Preise.“ In der Marktwirtschaft hätten Preise jedoch eine Signalwirkung, betonte Djir-Sarai.

SPD-Fraktion will Scholz überzeugen

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist dagegen. Scholz bekräftigte erst am Mittwoch seine Ablehnung. Er sagte beim Unternehmertag NRW, eine „Dauersubvention mit der Gießkanne“ wäre „ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und würde sicherlich auch falsche Anreize setzen“. Das könne Deutschland sich nicht leisten „und wird es deshalb auch nicht geben“.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch zeigte sich zuversichtlich, Scholz noch von einer zeitlich befristete Subventionierung des Strompreises für bestimmte Industrieunternehmen „überzeugen“ zu können. Für einen Brückenstrompreis hatte sich auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ausgesprochen.

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