Politik Völlig im Ton vergriffen

Diether Dehm steht in der Kritik: Auch Linken-Parteichef Bernd Riexinger ging auf Distanz.
Diether Dehm steht in der Kritik: Auch Linken-Parteichef Bernd Riexinger ging auf Distanz.

Der Mann ist offensichtlich in der Lage, den richtigen Ton zu treffen – zumindest musikalisch. Das hat Diether Dehm als Liedermacher, Übersetzer von Songs und als Musikproduzent hinreichend unter Beweis gestellt. Ob „Das weiche Wasser bricht den Stein“, eine Art Hymne der Friedensbewegung, oder Klaus Lages Gassenhauer „1000 und eine Nacht“ – die Texte dieser und zahlloser anderer Lieder stammen von Dehm. Als Politiker hat sich Diether Dehm allerdings eher mit schrägen, dissonanten Tönen einen Namen gemacht. Verbalen Raufereien geht der gebürtige Frankfurter jedenfalls nur selten aus dem Weg. Das bekam dieser Tage auch Bundesaußenminister Heiko Maas zu spüren. Der Sozialdemokrat sei ein „gut gestylter Nato-Strichjunge“, so Dehm – selbst langjähriges SPD-Mitglied, bevor er zur PDS wechselte, für deren Nachfolgerin Die Linke er seit 2005 im Bundestag sitzt. Anlass für die rüde Attacke, die Dehm nach Medienberichten auf einer Ostermarsch-Kundgebung geritten haben soll, waren Äußerungen von Maas in Zusammenhang mit dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergei Skripal in Großbritannien. Dehm warf Maas vor, dieser fordere von Russland Beweise, in Sachen Skripal unschuldig zu sein, und verkehre damit einen zentralen Rechtsgrundsatz – im Zweifel für den Angeklagten – ins Gegenteil. Der derart Attackierte hat sich bisher nicht geäußert – dafür gibt es nun Unruhe in Dehms eigener Partei. Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger wertete Dehms Äußerung in der „Mitteldeutschen Zeitung“ als „keine adäquate Umgangsweise“ und „stark unter die Gürtellinie“. Noch schärfer ging Oliver Nöll, der im Vorstand des Berliner Landesverbands der Linken sitzt, mit seinem Parteifreund ins Gericht. Er will Dehm am liebsten aus der Partei ausschließen, hat sich deshalb bereits an die Bundesschiedskommission gewandt. Dehm habe, begründet Nöll seinen Antrag, der Linken schweren Schaden zugefügt, was im Übrigen „fortlaufend über Jahre zu beobachten“ sei. Tatsächlich ist Dehm, der auch schon stellvertretender Parteichef der PDS war, nicht nur für verbale Entgleisungen, sondern auch für politische Extratouren berühmt-berüchtigt. Und dass Dehm, der gestern seinen 68. Geburtstag feierte, von Altersmilde befallen wird, ist – siehe seine Maas-Äußerung – nicht zu erwarten.

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