Agrarpolitik Umweltministerin: Künftig weniger Biosprit vom Acker

Die Produktionsanlagen eines Biokraftstoffherstellers in Sachsen-Anhalt.
Die Produktionsanlagen eines Biokraftstoffherstellers in Sachsen-Anhalt.

Es könne in Krisenzeiten wie der jetzigen nicht sein, dass so viel Agrarfläche für den Tanknachschub verloren gehe, argumentiert die Grünen-Politikerin Steffi Lemke, die das Umweltressort in der Ampelregierung führt. Aus der Branche hagelt es Kritik.

„Agrarflächen sind weltweit begrenzt, wir brauchen sie dringend für die Ernährung, das führt uns der Krieg in der Ukraine dramatisch vor Augen“, sagte Steffi Lemke der „Augsburger Allgemeinen“. Agrarflächen sollten für die Produktion von Nahrungsmitteln genutzt werden. Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte am Freitag, dass noch keine konkrete Zahl auf dem Tisch liege.

Lemke verwies darauf, dass in Deutschland ab 2023 die Verwendung von Palmöl als Kraftstoffzusatz im Diesel nicht mehr als Biosprit anerkannt werde. Palmöl kommt insbesondere aus asiatischen Ländern wie Indonesien. „Ich will jetzt den nächsten Schritt gehen und auch den Einsatz von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen weiter reduzieren“, kündigte Lemke an. Derzeit werden zur Entlastung der CO2-Bilanz bei Diesel meist sieben Prozent Pflanzenölerzeugnisse zugesetzt und bei Benzin zwischen fünf und zehn Prozent Bioethanol, das meist aus heimischem Getreide und Rüben gewonnen wird.

Fünf Prozent der Ackerfläche

Auch Bundesagrarminister Cem Özdemir hatte zuvor schon den Umgang mit Biosprit kritisiert: „Es ist nicht nachhaltig, Weizen und Mais in den Tank zu schütten“, hatte er Ende März gesagt und damals betont, er sei dazu im Gespräch mit Lemke und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Mit den Flächen, die weltweit dafür verwendet würden, könne man viele Menschen ernähren.

Auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach sich dafür aus, den Getreideanbau für Biokraftstoffe angesichts der weltweiten Ernährungskrise zurückzufahren. „Allein in Deutschland dienen fünf Prozent der Ackerfläche der Biospritproduktion. Wenn es gelingt, diese Flächen Schritt für Schritt für die Nahrungsmittelproduktion zu gewinnen, wäre das ein Gewinn für die Ernährungssicherheit“, sagte Schulze dem „Handelsblatt“.

„Weniger Abhängigkeit“

Nach Angaben des Umweltministeriums gehen in diesem Jahr vier Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Straßenverkehr auf Biokraftstoffe zurück, die aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen gewonnen werden. „Diese Energiemenge entspricht etwa 9,8 Millionen Tonnen an Rohstoffen wie Weizen, Raps, Mais und Soja“, hieß es dazu auf Anfrage. Zugleich weist das Ministerium darauf hin, dass nur neun Prozent der für die eingesetzten Biokraftstoffe nötigen Mengen an Nahrungs- und Futtermitteln direkt aus Deutschland stammten. Die restliche Menge werde importiert. Deutschland produziere aber auch selbst „viel Biokraftstoff für den Export“, teilt das Ministerium weiter mit.

Kritik an dem sich abzeichnenden Verbot gab es unter anderem aus der Union. CSU-Energieexperte Andreas Lenz warnte vor einem Verzicht auf Biokraftstoffe und deren Zusatz in Benzin und Diesel: „Biokraftstoffe verringern den Bedarf an fossilen Kraftstoffen deutlich und leisten damit einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und weniger Abhängigkeiten.“

„Klimaschutz wird verfehlt“

Auch die betroffene Branche reagierte mit Ablehnung. „Aufgrund der hohen Agrarpreise wird die Produktion bereits jetzt deutlich eingeschränkt. Die Ministerin will also etwas gesetzlich regeln, auf das der Markt bereits reagiert hat“, kritisierte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Baumann verwies darauf, dass Biokraftstoffe der wesentliche Baustein für Klimaschutz im Mobilitätssektor seien. „Ohne Biokraftstoffe werden die gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz auf Jahre krachend verfehlt.“

Der Verein Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen reagierte ebenfalls mit Unverständnis. Die Marktmechanismen reichten aus, um die Biospritmenge zu begrenzen.

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