Washington Trump und die Fake-Reservierungen
„Wir haben gerade die 800.000-Tickets-Marke durchbrochen! Samstag wird episch!“ twitterte Trumps Wahlkampfmanager Brad Parscale am 14. Juni. Zuvor war die Anzahl der Anmeldungen für Trumps Wahlkampfveranstaltung in Tulsa explodiert, am nächsten Tag sprach Parscale gar von über einer Million Ticketanfragen. Samstag dann die Enttäuschung: Gerade einmal 6200 Plätze des 20.000 Menschen fassenden Bank of Oklahoma Centers waren belegt, teilte die Feuerwehr der Stadt laut CNN mit. Was war passiert?
Liegt der Grund für die Blamage vielleicht in einem Video, dass die 51-jährige Mary Jo Laupp aus dem US-Bundesstaat Iowa am 12. Juni auf der Videoplattform TikTok geteilt hatte? Darin hatte sie dazu aufgerufen, sich für die Veranstaltung anzumelden, jedoch nicht zu erscheinen. Das Video der Frau, die unter dem Namen „TikTokGrandma“ auf der Plattform aktiv ist, wurde bis heute 750.000 Mal angesehen. Viele Nutzer kopierten die Idee und veröffentlichten ähnliche Videos.
Trumps Wahlkampfteam machte es den Nutzern offenbar leicht, viel zu viele Tickets zu reservieren. Laut dem US-Fernsehsender CNN musste man dafür nur eine Handynummer angeben, die Bestätigung kam dann per SMS. Auch mehrfache Anmeldungen mit derselben Nummer seien demnach möglich gewesen.
Die Ortswahl für Trumps erste öffentliche Veranstaltung im Präsidentschaftswahlkampf war im Vorfeld kritisiert worden. Bei schweren Pogromen waren 1921 in Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma bis zu 300 Afroamerikaner zu Tode gekommen. Zusätzlich war das Datum denkbar ungünstig gewählt: Der 19. Juni ist „Juneteenth“ – der Feiertag erinnert an die Befreiung der Sklaven. „Das ist kein Wink an Rassisten – er veranstaltet für sie eine Willkommensparty“, hatte die demokratische Senatorin Kamala Harris daraufhin getwittert. Trump verschob die Veranstaltung schließlich auf den 20. Juni.
Auch Mary Jo Laupp hatte der Ort der Veranstaltung empört: „Ich kenne viele Menschen, die gar nichts vom Tulsa-Massaker wissen. Doch wir Amerikaner sind es den Minderheiten schuldig, auch diesen Teil unserer Geschichte zu kennen“, sagte sie CNN. Sie werde sich auch weiterhin in den US-Wahlkampf einschalten, kündigte sie an.
Trumps Wahlkampfteam betreibt derweil Schadensbegrenzung: Brad Parscale macht auf Twitter „von den Medien aufgepeitschte Radikale“ für die wenigen Zuschauer verantwortlich. Diese hätten demnach den Einlass zur Halle blockiert. Auch seien viele Familien der Veranstaltung aus Angst vor gewaltsamen Protesten ferngeblieben. Der Kommunikationschef der Kampagne, Tim Murtaugh, schrieb auf Twitter, man würde falsche Reservierungen sofort erkennen und aussortieren. Parscales euphorische Aussagen im Vorfeld passen nicht ganz zu dieser Version.
Trump hatte seine Rede in Tulsa um eine Aussage aufgebaut, die er in jüngster Zeit immer wieder verbreitet: „Die stille Mehrheit ist so mächtig wie noch nie“. Das dürfte „TikTokGrandma“ Laupp wohl unterschreiben.