Kalender Thor Heyerdahl – Der Archäologe als Abenteurer

Mit einfachsten Mitteln gebaut: die Kon-Tiki. Thor Heyerdahl kann man beim Angeln sehen.
Mit einfachsten Mitteln gebaut: die Kon-Tiki. Thor Heyerdahl kann man beim Angeln sehen.

Mit dem selbstgebauten Floß Kon-Tiki unternimmt der wohl berühmteste Norweger des vergangenen Jahrhunderts seinen ersten Trip. Dieser führt ihn in die Südsee. Der geniale Selbstvermarkter ist eine schillernde Persönlichkeit.

„Unsinn!“ – gegen dieses von etablierten Wissenschaftlern ausgesprochene Urteil über seine Hypothesen ist Thor Heyerdahl sein Leben lang angerannt. Das erste Mal unternahm dies der wohl berühmteste Norweger des 20. Jahrhunderts im Jahr 1947. Am 28. April jenes Jahres stach der damals 33-Jährige mit seinem Floß Kon-Tiki von Peru aus in See.

Die Mission: Er will mit seiner Fahrt auf dem mit einfachsten Mitteln aus Balsahölzern gebauten Floß beweisen, dass die Besiedlung der Südseeinseln ursprünglich nicht von Südostasien her erfolgte. Dies entsprach der gängigen Forschermeinung. Heyerdahl vertrat demgegenüber die Ansicht, dass es südamerikanische Kulturen waren, die einst die Inselwelt rund um Tahiti besiedelten.

Die fünfköpfige Crew um Heyerdahl, der übrigens kaum schwimmen konnte, nutzte die Meeresströme und die Passatwinde für ihre Zwecke aus – und erreichte nach 101 Tagen und 8000 Kilometern tatsächlich Polynesien. Dann krachte die Kon-Tiki auf das Riff eines Atolls und wurde schwer beschädigt.

Heyerdahl aber, der per Funk Kontakt zur Außenwelt gehalten hatte, wurde ein gefeierter Mann. Mit seinem Film über die Reise heimste er 1952 sogar noch einen Oscar ein. Viel wichtiger war Heyerdahl indes, dass Wissenschaftler seine These nun für glaubhaft hielten – wenngleich spätere Bluttests der Polynesier keine klaren Belege für eine erste Besiedlung von Südamerika aus lieferten.

Heyerdahl, der mit seiner Kon-Tiki-Expedition der Mitbegründer der experimentellen Archäologie war, erwies sich in den folgenden Jahrzehnten als genialer Vermarkter seiner Ideen und Reisen. Doch die Anerkennung durch die breite Öffentlichkeit fand keine Entsprechung in der Wissenschaftsgemeinde. Beispielsweise versuchte der späte Heyerdahl sein Publikum davon zu überzeugen, dass die nordische Gottheit Odin ein König aus Aserbaidschan gewesen sein musste, der mit seinem Volk nach Skandinavien gezogen war.

Ein Schatten fiel erst nach Heyerdahls Tod im Jahr 2002 auf sein Lebenswerk. Eine 2005 erschienene Biografie belegt, dass der Norweger Ende der 30er Jahre mit einem der bedeutendsten Rassenforscher der NS-Zeit im Briefwechsel stand und diesem Schädel von seinen kommenden Abenteuerreisen versprach. Eine Jugendtorheit – oder doch mehr?

Viel lebendiger in Erinnerung geblieben ist jedoch der Thor Heyerdahl, der sich im Alter für mehr Umweltschutz einsetzte und als Jury-Mitglied des Alternativen Nobelpreises besondere Leistungen auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit würdigte.

Der Kalender

DIE RHEINPFALZ feiert 2020 ihren 75. Geburtstag. In unserem Jubiläumskalender erinnern wir jeden Tag an ein besonderes Ereignis oder eine ungewöhnliche Geschichte aus den vergangenen 75 Jahren.
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