Herkunftsabfrage Stuttgarter Polizei wehrt sich gegen Kritik

Menschen stehen vor einem geplünderten Geschäft in der Stuttgarter Marienstraße.
Menschen stehen vor einem geplünderten Geschäft in der Stuttgarter Marienstraße.

Nach der hitzigen Debatte um Nachforschungen zur Herkunft der Stuttgarter Randalierer geht die kritisierte Stuttgarter Polizei in die Offensive.

Polizeipräsident Franz Lutz wehrte sich gegen Vorwürfe. Er habe den umstrittenen Begriff „Stammbaumrecherche“ in seinen Ausführungen im Stuttgarter Gemeinderat nicht verwendet – „weder wörtlich, wie es behauptet wird, noch indirekt“, sagte Lutz den „Stuttgarter Nachrichten“. Das Blatt und die „Stuttgarter Zeitung“ hatten den Begriff „Stammbaumrecherche“ medial in Umlauf gebracht. Auch im Protokoll der Sitzung taucht das Wort nicht auf.

Polizeiliche Standardmaßnahme

Lutz betont: „Besonders bei Strafsachen von Jugendlichen und Tatverdächtigen unter 21 Jahren (...) ist die Überprüfung der Lebens- und Familienverhältnisse Aufgabe der Jugendhilfe im Strafverfahren und dient der Staatsanwaltschaft und den Gerichten als Entscheidungshilfe.“ Das könne auch bedeuten, dass die Nationalität der Eltern von Tatverdächtigen durch eine Anfrage beim Standesamt erhoben werde. Das sei eine polizeiliche Standardmaßnahme.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann nannte die Debatte „völlig vergiftet“. „Ich kann kein Fehlverhalten der Polizei erkennen“, sagte der Regierungschef am Dienstag. Es sei wichtig, mehr über die mutmaßlichen Täter der Stuttgarter Krawallnacht und auch über ihre Lebensumstände zu erfahren „und das ohne Ansehen der Person“, sagte der Grünen-Politiker. Das sei nicht problematisch, solange man sich an das Gesetz halte.

Interpretation eines Grünen-Stadtrates

Nach einer Gemeinderatssitzung war die Debatte aufgekommen, ob Polizeipräsident Lutz im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Randalierer von einer „Stammbaumrecherche“ gesprochen hatte. Der Grünen-Stadtrat Marcel Roth hatte eine Äußerung des Polizeichefs auf seiner Facebook-Seite entsprechend interpretiert. Die Fraktion der Grünen im Stadtparlament hat inzwischen um Entschuldigung gebeten. Roth bleibt bei seiner Kritik am Vorgehen der Polizei: „Es geht um die Sache, nicht um den Begriff“.

In Stuttgart hatte es in der Nacht zum 21. Juni schwere Auseinandersetzungen gegeben, an denen nach Angaben der Polizei 400 bis 500 Menschen beteiligt waren. Bei elf Tatverdächtigen hat die Polizei über die Standesämter die Nationalität der Eltern erfragt.

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