Bundestagswahl Sonstige Parteien: Die Freien Wähler sind am stärksten

Die sonstigen Parteien haben bei der Bundestagswahl zugelegt. Die Ursache dafür sehen Politikwissenschaftler in einer zunehmend
Die sonstigen Parteien haben bei der Bundestagswahl zugelegt. Die Ursache dafür sehen Politikwissenschaftler in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft.

Nach der Bundestagswahl dreht sich nun alles um den Wahlsieg der SPD, das Debakel der Union und die Koalitionsbildung. Beim Blick auf das vorläufige Wahlergebnis wird aber auch deutlich: Die Kleinparteien haben diesmal klare Zuwächse eingefahren.

Die sogenannten sonstigen Parteien kommen demnach auf 8,6 Prozent der Zweitstimmen. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 waren es nur 5 Prozent. Den größten Stimmenanteil unter den Sonstigen haben laut vorläufigem Wahlergebnis mit 2,4 Prozent die Freien Wähler. Darauf folgen die Tierschutzpartei (1,5 Prozent), die Corona-Protestpartei Die Basis (1,4), Die Partei (1,0) und Team Todenhöfer (0,5). Dutzenden weiteren Kleinparteien haben teils Hunderttausende Wählerinnen und Wähler ihre Zweitstimme gegeben.

Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter von der Universität Mainz sieht die Zuwendung zu den Kleinparteien in der Abkehr von den Volksparteien begründet. Dies habe vor allem mit einem Wandel der Gesellschaft zu tun, der die typische Wählerschaft von Union und SPD stark ausgedünnt habe. Langfristige Bindungen an die Volksparteien seien seltener geworden, die Anzahl der Wechselwähler sei gestiegen. Weil es nun auch den Grünen bislang nicht gelungen sei, die Wähler derart stark zu binden, biete sich die Chance für andere politische Kräfte, sagt der Wahlforscher.

„Nicht die geringste Chance“

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung erklärt dazu: „Wir sind eine hoch individualisierte Gesellschaft. Das waren wir vor 30, 40, 50 Jahren so auf keinen Fall.“ Daraus ergebe sich, dass auch auf dem Parteienmarkt individuelle Wahlmöglichkeiten eingefordert würden.

Falter sieht das ähnlich, macht aber auch deutlich: Das verhältnismäßig hohe Wahlergebnis für die Sonstigen hänge vor allem an den Freien Wählern. Sie seien die einzigen, die auf Bundesebene derzeit ein etwas größeres Potenzial hätten. „Die anderen sind wirklich kleine Parteien, die auch nicht die geringste Chance haben, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.“

Auch Parteienforscher Merkel erwartet derzeit von keiner Kleinpartei den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Das zuletzt im Parlament vertretene Parteienspektrum biete schon ein relativ breites Angebot politischer Facetten – „und das begrenzt den politischen Raum für Newcomer“, so der Experte.

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