Fragen und Antworten Sind E-Fuels eine saubere Lösung oder eine Sackgasse?

Auch an der Universität in Karlsruhe wird an der Herstellung von E-Fuels geforscht.
Auch an der Universität in Karlsruhe wird an der Herstellung von E-Fuels geforscht.

Synthetisch hergestellte Kraftstoffe werden von Befürwortern, die Verbrennermotoren eine Chance geben möchten, als klimafreundliche Alternative geschildert.

Was versteht man eigentlich unter dem Begriff E-Fuels?
Dies ist der Überbegriff für künstlich hergestellte Kraftstoffe (auf englisch „Electrofuels“, abgekürzt E-Fuels). Die hauptsächlichen konventionellen Treibstoffe wie Benzin oder Diesel sind fossile Energieformen, die aus Erdöl gewonnen wird.

In der Regel werden E-Fuels so hergestellt: Wasser wird mit Hilfe von Strom chemisch gespalten, so wird Wasserstoff frei. Anschließend wird der Wasserstoff mit Kohlendioxid (CO2) verbunden. Chemisch betrachtet kann dieser Kraftstoff dann die Eigenschaft von Diesel, Benzin oder Kerosin haben.

Sind solche synthetischen Kraftstoffe umweltfreundlich?
Das kommt auf ihre Herstellung beziehungsweise auf die eingesetzte Art von Strom an. E-Fuels gelten in der Herstellung nur dann als klimaneutral, wenn der benötigte Strom nicht aus fossilen, sondern aus erneuerbaren Quellen stammt. Wenn also Wind- oder Solaranlagen oder Wasserkraftwerke eingesetzt werden.

Für die Herstellung von E-Fuels kann zudem der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen werden. Doch auch dieses Abscheiden kostet Energie, weil die CO2-Konzentration in einem Kubikmeter Luft relativ gesehen gering ist (zugleich liegt die Konzentration historisch betrachtet so hoch, dass man von einem menschengemachten Klimawandel spricht).

Die Verbrennung der E-Kraftstoffe in Motoren erzeugt genauso viel umweltschädliche Abgase wie bei Kraftstoffen aus fossilen Quellen. Nur eine geringere Rußfreisetzung ist möglich. Weil aber der Atmosphäre vorher CO2 entzogen wurde, bezeichnen Verfechter von E-Fuels diese Kraftstoffe als „klimaneutral“.

Was sind typische Werte für die Produktion von E-Fuels?
Bisher gibt es Pilotanlagen, die Technik für eine Produktion in großem Stil ist in der Aufbauphase. Die Produktion ist, wie bereits beschrieben, sehr energieintensiv. Es wird viel Strom benötigt. Ingenieure der TU Bergakademie Freiberg rechnen vor: Bei einem Verbrauch von 5 Litern E-Fuel auf 100 Kilometern sind rund 50 Kilowattstunden Strom für die Herstellung des Kraftstoffs nötig. Nach Angaben von Stromanbietern entspricht dies dem halben Monatsverbrauch eines deutschen Single-Haushalts.

Dem ADAC zufolge kommt es bei der Herstellung von E-Fuels zu hohen Wirkungsverlusten. Das bedeutet: Von der insgesamt eingesetzten Energie blieben in der gesamten Kette am Ende nur 10 bis 15 Prozent übrig. Unterm Strich muss bei E-Fuel-betriebenen Autos mindestens fünfmal so viel Energie eingesetzt werden wie bei heute verfügbare E-Autos.

Können E-Fuels in Deutschland produziert werden?
Der Aufbau einer Produktionsanlage kostet laut ADAC neben technologischem Know-how viel Zeit, Fläche und immens viel Geld. Die Bergakademie Freiberg betreibt eine Pilotanlage. Die Ingenieure dort gehen nicht davon aus, dass in Deutschland eine Produktion in großem Stil möglich wäre. Begründung: Es fehlt an ausreichend „grünem“ Strom (nur dann sind E-Fuels ja nachhaltig). Andererseits: Die synthetischen Kraftstoffe lassen sich gut speichern und transportieren, so dass ihr Herstellungsort nicht entscheidend sein muss.

Funktioniert die Technik?
Der ADAC hat E-Fuels im Sommer 2022 in einem gebrauchten VW Golf VII 1,4 TSI getestet. Über mehrere Tausend Kilometer seien bei den technischen Eigenschaften, der Leistung und dem Fahrverhalten keine Unterschiede im Vergleich zu fossilen Brennstoffen spürbar gewesen, heißt es. Das bestehende Tankstellen-System gilt als geeignet, um E-Fuels zu vertreiben – als Beimischung oder in Reinform. Ein großes Problem: Auf absehbare Zeit wird es kaum genug E-Fuels geben, damit bereits zugelassene Pkw mit Verbrennungsmotor damit fahren können.

Was sind wichtige Argumente der E-Fuel-Befürworter?
Nach Ansicht des Sportwagenherstellers Porsche, der in Chile in eine große Pilotanlage investiert, lassen sich mit E-Fuels bis zu 90 Prozent der CO2-Emissionen beim Verbrennermotor einsparen.

Weltweit gibt es nach Angaben der Bergakademie Freiberg aktuell noch 1,4 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Diese können kaum alle in kurzer Zeit verschwinden; für die Produktion alternativer Fahrzeuge müssten enorme Mengen von Energie aufgewendet werden. Um Verbrenner länger laufen zu lassen, könnten synthetische Kraftstoffe deshalb eine Lösung sein. Mitzubedenken sei allerdings die Abgasbelastung in den Städten.

Und was sagen die Kritiker?
Für den Bund für Umwelt und Naturschutz sind E-Fuels keine Alternative. Die teuer herzustellenden und nicht in sehr großen Mengen vorhandenen synthetische Kraftstoffe sollten besser für den unvermeidlichen Flug- und Schiffsverkehr genutzt werden.

Die den Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung argumentiert, „grüner“ Wasserstoff sei eine Art Champagner der Energiewende. Dieser umweltfreundlich hergestellte Energieträger solle daher nicht für Autos, sondern für Schlüsselindustrien verwendet werden – beispielsweise für die Chemie.

Auch Audi-Chef Markus Duesmann steht E-Fuels skeptisch gegenüber. Dem „Spiegel“ sagte der Auto-Manager: Im Pkw-Segment werden synthetische Kraftstoffe mittelfristig keine große Rolle spielen.

Die Hersteller Mercedes und VW gehen ebenfalls davon aus, dass sich langfristig das Elektroauto durchsetzen wird.

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