Politik OECD: Lehrermangel liegt nicht am Geld

Die Anzahl der Lehramtsabsolventen geht im Zehnjahresvergleich deutlich zurück.
Die Anzahl der Lehramtsabsolventen geht im Zehnjahresvergleich deutlich zurück.

Lehrkräfte in Deutschland gehören im internationalen Vergleich zu den Spitzenverdienern. Nur in Luxemburg könnten sie noch mehr verdienen, sagte OECD-Direktor Andreas Schleicher am Dienstag in Berlin.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) untersuchte für ihre Studie „Bildung auf einen Blick 2022“ den Bildungsbereich in 45 Ländern. Deutschland investiere sehr viel in seine Lehrer, sagte der OECD-Direktor. In den Jahren 2015 bis 2021 sei deren Bezahlung von einem sehr guten Stand auf einen noch besseren Stand gehoben worden. Dennoch fehlen in vielen Bundesländern Lehrer.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts verringerte sich auch in den vergangenen zehn Jahre die Anzahl der Frauen und Männer deutlich, die ein Lehramtsstudium abschlossen. Im vergangenen Jahr machten demnach rund 28.900 Lehramtsstudenten ihren Abschluss. Das waren 3,8 Prozent mehr als im ersten Coronajahr 2020, als viele Prüfungen pandemiebedingt verschoben werden mussten. Im Zehnjahresvergleich sank die Anzahl der Lehramtsabsolventen hingegen um 13,8 Prozent.

Lehrer wollen im Team arbeiten

Schleicher sagte, der Lehrermangel erkläre sich nicht durch Geld. So sei in Finnland die Bezahlung eher mäßig, dennoch gebe es viel mehr Bewerber als Stellen. Offenbar gebe es eine „mangelnde intellektuelle Attraktivität“ des Berufs. Lehrer wollten nicht nur Einzelkämpfer sein, sondern im Team an der Entwicklung von Unterricht arbeiten oder Kinder auch außerhalb des Klassenverbands individuell fördern. Zudem gebe es nur wenige Aufstiegsmöglichkeiten.

Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU), sagte: „Es erweist sich, dass die Attraktivität des Lehrerberufs nicht nur an der Bezahlung liegt.“ Es seien bessere Personalentwicklungschancen und mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung nötig. Auch die fehlende gesellschaftliche Anerkennung des Berufs sei ihrer Meinung nach ein wichtiger Aspekt, weshalb Lehrer fehlten.

„Unübersehbares Alarmzeichen“

Als mögliche Lösungen nannte Prien, Lehrern die Möglichkeit zu geben, in ihrer Laufbahn an die Universitäten zurückzukehren oder zwischendurch auch in Unternehmen tätig zu werden. Lehrer seien trotz ihrer vergleichsweise wenigen Unterrichtsstunden in Deutschland außerdem sehr stark mit Aufgaben belastet, die nichts mit Unterricht zu tun haben. Hier sei eine Entlastung wichtig.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, nannte den Rückgang der Lehramtsabsolventen ein „unübersehbares Alarmzeichen“. Er forderte die Politik auf, die Rahmenbedingungen an den Schulen zu verbessern. Derzeit passiere aber das Gegenteil – noch nie seien so viele Klagen über Missstände und fehlende Ressourcen an Schulen beim Lehrerverband eingegangen wie derzeit.

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