Meinung Nach Wahl in Polen: Wir brauchen ein Fajerwerk der Freundschaft!

Kölner, Deutscher, Pole, Europäer: DFB-Kicker und Fanliebling Lukas Podolski.
Kölner, Deutscher, Pole, Europäer: DFB-Kicker und Fanliebling Lukas Podolski.

Der Sieg der nationalistisch-konservativen PiS bei der Präsidentenwahl in Warschau droht, die Beziehung zu Deutschland zu zerreißen. Umso mehr sollten wir unsere Freundschaft zu Polen feiern. Es geht um viel.

In der polnischen Sprache finden sich viele Wörter, die aus dem Deutschen übernommen wurden. So auch dieses: Hochsztapler. Ein Hochstapler im klassischen Sinne mag der alte und neue polnische Präsident Andrzej Duda vielleicht nicht sein. Aber er ist zumindest ein Majster der Täuschung.

Bei Wahlkampfauftritten schwadronierte der von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS unterstützte Duda von „deutschen Attacken“ auf die Präsidentenwahl in Polen. Denn eine polnische Boulevardzeitung, die im Besitz der Mediengruppe Ringier Axel Springer ist, hatte darüber berichtet, dass Duda einen Pädophilen begnadigt hatte. Natürlich weiß Duda, dass die Bundesregierung, selbst wenn sie wollte, keinen solchen Einfluss auf die Presse nehmen könnte.

Duda warb um die Stimmen der älteren Wähler

Die polnische Regierung hielt das aber nicht davon ab, einen Vertreter der deutschen Botschaft einzubestellen. Das Spiel war leicht zu durchschauen: Duda kämpfte um die Stimmen der älteren Wähler, von denen viele bei der ersten Wahlrunde aus Angst vor Corona zu Hause geblieben waren und bei denen antideutsche Parolen noch immer besonders leicht verfangen. Außerdem umwarb er die Anhänger der rechtspopulistischen Konfederacja, deren Kandidat es nicht in die Stichwahl geschafft hatte.

Berlin verzichtet auf Zurechtweisungen

Die Bundesregierung tat jedenfalls gut daran, sich nicht auf die Provokationen einzulassen. Man nehme „selbstverständlich“ keinen Einfluss auf die Präsidentschaftswahl in Polen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert knapp. Weitere Zurechtweisungen verkniff sich Berlin.

Es passt ins Bild, dass Duda auch das leidige Thema Reparationsforderungen wieder aufs Tapet brachte. Die PiS-Regierung fordert von Deutschland mehr als 850 Milliarden Euro für im Zweiten Weltkrieg erlittenes Leid. Dabei gab es bei Dudas erstem Wahlsieg 2015 noch die leise Hoffnung, dass der mit einer Germanistin verheiratete Präsident einen moderaten Ton gegenüber dem großen Nachbarn anschlägt.

Jüngere Wähler, insbesondere die in den größeren Städten, dürfte Duda mit seiner nationalistischen Rhetorik eher verprellt haben. Sie stehen für das andere Polen, tolerant und weltoffen, wie es Dudas unterlegener Herausforderer, der liberale Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski, verkörpert. Sie reisen durch Europa und zeigen ihren deutschen Freunden stolz die bunten Altstadt-Fassaden in Breslau, den Wawel in Krakau und fahren mit ihnen Kajak auf der Mottlau in Danzig.

Gemeinsame WM-Helden im Herzen

Die deutsch-polnischen Beziehungen stehen beispielhaft für das Schicksal Europas. Für Konflikte und entsetzliches Leid, aber eben auch für Versöhnung und Zuversicht. Heute gibt es mehr als 600 deutsch-polnische Städtepartnerschaften und rund 400.000 deutsch-polnische Ehen. Mit Miroslav Klose und Lukas Podolski tragen wir zwei gemeinsame WM-Helden in unseren Herzen. Und Robert Lewandowski hat bei Bayern-Fans fast schon einen Gerd-Müller-Status.

Dudas Sieg droht das Land und die Beziehung zu Deutschland aber zu zerreißen. Die PiS wird ihre Vormachtstellung festigen, die Partei ist im Rausz. Für alle deutsch-polnischen Freunde bleibt daher keine Zeit für Kacenjamer. Es ist an der Zeit, die entstandenen Freundschaften zu vertiefen und zu feiern – im Privaten, im Kulturellen und im Politischen. Denn wenn diese Freundschaft scheitert, scheitert auch Europa.

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