Wärmepumpen Nach Viessmann-Kauf: US-Konzernchef verspricht Job-Erhalt

Blick in die Fertigungshalle für Wärmepumpen bei Viessmann, die im hessischen Allendorf steht.
Blick in die Fertigungshalle für Wärmepumpen bei Viessmann, die im hessischen Allendorf steht.

Carrier-Global-Boss David Gitlin, versucht, Ängste wegen der Übernahme des deutschen Traditionsunternehmens Viessmann zu zerstreuen.

Trotz gut laufender Geschäfte verkauft das hessische Familienunternehmen Viessmann seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Dieser bezifferte den Kaufpreis für die Sparte mit 11.000 Beschäftigten auf 12 Milliarden Euro. 20 Prozent sollen als Aktienpaket an die verbleibende Viessmann-Gruppe gehen, die damit zu einem großen Anteilseigner der US-Firma wird. Das Geschäft soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein, wie beide Seiten in der Nacht zum Mittwoch mitteilten.

Der Chef des US-Konzerns Carrier Global, David Gitlin, hat sich nach der vereinbarten Übernahme des Wärmepumpen-Geschäfts des deutschen Familienunternehmens Viessmann bemüht, Befürchtungen zu drohenden Sparmaßnahmen auszuräumen. „Es geht nicht um Job-Abbau. Wir kommen nicht, um Fabriken zu schließen – im Gegenteil“, sagte Gitlin bei einer Konferenzschalte mit Investoren und Finanzanalysten. „Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren“, verkündete der Carrier-Chef. Anleger sehen den Deal allerdings weiter skeptisch und ließen Carriers Aktien im US-Handel um über drei Prozent sinken.

Einst Erfinder der Klimaanlage

Das Unternehmen Carrier aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen und erlöste im vergangenen Jahr 20,4 Milliarden Dollar. 60 Prozent des Umsatzes entfielen auf Nord- und Südamerika. Das Unternehmen verfügt in Europa über drei Produktionsstätten in Frankreich und Spanien. 2004 hatten die Amerikaner die Kältetechnik der damaligen Linde AG übernommen, später aber die Fertigung in Deutschland eingestellt.

Das 1917 gegründete Familienunternehmen Viessmann gehört mit rund 14.500 Beschäftigten zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Im vergangenen Jahr steigerte das Unternehmen seinen Umsatz um 19 Prozent auf den Rekordwert von vier Milliarden Euro. Viessmann hatte im Mai 2022 Investitionen von einer Milliarde Euro in diesem Bereich bekanntgegeben. Unter anderem wird gerade eine Fabrik in Polen gebaut. Entscheidender Treiber war das Wachstum bei Wärmepumpen, die nach den politischen Vorgaben künftig schnell Gas- und Ölheizungen ablösen sollen.

Kritik aus FDP

Die Bundesregierung begrüßte die angekündigte Übernahme. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zufolge dürften ähnliche „Investitionen“ von US-Unternehmen in Deutschland folgen. Dennoch will Habeck den Verkauf unter die Lupe nehmen. „Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient“, sagte der Grünen-Politiker.

Der Koalitionspartner in der Ampelregierung, die FDP, gab sich indes besorgt über den Verkauf der Viessmann-Klimasparte an den US-Konkurrenten: „Geistiges Eigentum und Produktion sind nicht auf Dauer in Deutschland gesichert“, hieß es aus der Parteispitze. „Ganz offensichtlich haben Verunsicherung und die befürchtete Überbeschleunigung der Wärmewende diese Entscheidung forciert.“

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, sagte, die Heizungspläne Habecks führten dazu, dass ausländische finanzstarke Wärmepumpenproduzenten auch aus China auf den deutschen Markt drängten. Viessmann verkaufe jetzt, da das Unternehmen später nicht mehr so viel Geld für die Sparte bekomme.

Vaillant und Stiebel-Eltron rechnen sich Chancen aus

Der Wärmepumpenhersteller Vaillant in Remscheid strebt im Gegensatz zum Konkurrenten Viessmann keinen Schulterschluss mit einer ausländischen Firma an, um langfristig im Wettbewerb zu bestehen. Man hoffe, die Transformation „aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können“, sagte Vaillant-Sprecher Jens Wichtermann.

Vaillant investiert stark in den Wärmepumpen-Bereich. Von einem nicht allzu hohen Level ausgehend zog das Geschäft mit diesen Produkten in den Jahren 2020 und 2021 um jeweils 50 Prozent an. In diesem Herbst soll die Serienproduktion in einem neuen Werk in der Slowakei beginnen. Mit der Fabrik verdoppelt das Unternehmen, das Wärmepumpen auch in Deutschland, Frankreich und England fertigt, seine Produktionskapazitäten auf mehr als eine halbe Million Wärmepumpen pro Jahr.

2023 will Vaillant in Europa mit Wärmepumpen ungefähr den gleichen Umsatz machen wie mit Gasheizungen. Auch im Inland wird investiert.

IG Metall verlangt Unterstützung

Mit-Konkurrent Stiebel Eltron im niedersächsischen Holzminden sieht den Verkauf der Klimasparte beim Konkurrenten Viessmann als Bestätigung für die Geschäftschancen der Branche. Dabei hat nach Einschätzung von Stiebel Eltron die Bundesrepublik als Standort weiter gute Aussichten. Die Niedersachsen sind auch noch in Schweden aktiv.

Die Gewerkschaft IG Metall verlangte unterdessen von der Bundesregierung eine entschiedenere Standortpolitik für die Energie- und Wärmebranche. Diese sei mit ihrem Wissen unverzichtbar für das Gelingen der Energie- und Wärmewende in Deutschland, teilte das geschäftsführende Vorstandsmitglied Wolfgang Lemb am Mittwoch in Berlin mit. Die Firmen dieser Branche – darunter auch die Fotovoltaik- und die Windindustrie – stünden massiv unter Druck.

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