Bundesfamilienministerin Lisa Paus: Das ist die Nachfolgerin von Anne Spiegel

Lisa Paus bei einer Rede im Bundestag: Haushalt, Finanzen, Arbeit, Soziales – das war bisher ihre Welt.
Lisa Paus bei einer Rede im Bundestag: Haushalt, Finanzen, Arbeit, Soziales – das war bisher ihre Welt.

Lisa Paus ist ausgewiesene Finanzexpertin, künftig muss die Grünen-Politikerin aber ein ganz anderes Themenfeld beackern: Die 53-jährige Diplom-Volkswirtin ist am Montag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur neuen Bundesfamilienministerin ernannt worden. Sie gehört dem linken Parteiflügel der Grünen an und will dementsprechend klare Akzente in Richtung soziale Gerechtigkeit setzen.

[Aktualisiert am 25. April] Paus tritt die Nachfolge von Anne Spiegel an, die am 11. April ihren Rücktritt verkündet hatte – unter anderem wegen der Kritik an ihrem vierwöchigen Familienurlaub nach der Hochwasserkatastrophe vom vergangenen Jahr, als sie noch Umweltministerin in Rheinland-Pfalz war. Die Grünen-Spitze hatte angekündigt, die wichtige Personalie „bis Ostern“ zu klären. Das Ergebnis ihrer Beratungen war eine Überraschung: Lisa Paus hatte wohl kaum jemand auf dem Zettel.

Reibungsloser Wechsel

Mit der Entscheidung für Paus gelang der Parteiführung ein reibungsloser Wechsel in dem für die Grünen so wichtigen Amt. Reibereien zwischen den Parteiflügeln, wie es sie teilweise bei der Bildung der Ampel-Regierung gegeben hatte, wurden diesmal vermieden. Damals nahmen es die Parteilinken nur zähneknirschend hin, dass einer der Ihren, der promovierte Biologe und damalige Fraktionschef Anton Hofreiter nicht Bundeslandwirtschaftsminister wurde, sondern der Innen- und Außenpolitiker Cem Özdemir. Der bis dato eher wenig mit Feldern und Bauern zu tun gehabt hatte.

Nach dem Scheitern der einstigen Landesministerin Spiegel übernimmt jetzt eine Politikerin das Familienressort, die den Berliner Politbetrieb bestens kennt. Von 1999 bis 2009 gehörte Paus dem Berliner Abgeordnetenhaus an, seither sitzt sie im Bundestag.

Paus stand bislang in der Berliner Politik nicht in der ersten Reihe, hat sich aber durch Sachkenntnis in der Steuer- und Finanzpolitik einen Namen gemacht. Im Bundestag hat die am 19. September 1968 in Nordrhein-Westfalen geborene Politikerin maßgeblich die Finanzpolitik der Grünen mitgestaltet – als Grünen-Obfrau im zuständigen Ausschuss, als Leiterin der Arbeitsgruppe Finanzen und bis 2021 als finanzpolitische Sprecherin.

Paus hat Olaf Scholz „gegrillt“

Derzeit betreut sie dieses Themengebiet als stellvertretende Fraktionschefin. In der vergangenen Legislaturperiode vertrat sie zudem ihre Fraktion im Wirecard-Untersuchungsausschuss. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sie schon „gegrillt“: in den Fragestunden zum Cum-ex-Skandal. Dabei geht es um Steuerhinterziehung in großem Stil, die eine Hamburger Privatbank mit zu verantworten hat – und die zeitlich in Scholz’ Wirken als Hamburgs Erster Regierender Bürgermeister fiel. Wörtlich hieß es dazu auf der Homepage von Lisa Paus: „Olaf Scholz ist nötige Änderungen nicht angegangen, um dem einen Riegel vorzuschieben. Ich kämpfe dafür, dass wir – statt immer nur einzelne Steuerschlupflöcher zu schließen – die Strukturen ändern, die solchen Steuerbetrug begünstigen.“

Für Kindergrundsicherung, gegen Ehegatten-Splitting

Die Strukturen will Lisa Paus noch auf einem weiteren Gebiet ändern – und das wird künftig ihr Arbeitsgebiet als Ministerin sein. Sie setzt sich ein für eine Kindergrundsicherung, das Konzept dafür hat sie maßgeblich mitgestaltet. Kinderarmut sei ihr ein „Riesendorn“ im Auge, damit wolle sie sich nicht abfinden, bekundete die designierte Ministerin und alleinerziehende Mutter, die sich gleichzeitig als „klare Feministin“ bezeichnet.

Für Paus ist Finanzpolitik immer auch Gesellschaftspolitik. So wehrt sie sich gegen das Ehegattensplitting, das sie als „rückwärtsgewandt“ kritisiert. Sie ist überzeugt: „Es schadet der Gleichstellung von Mann und Frau, steuerlich zu fördern, wenn ein Ehepartner nicht arbeiten geht.“

„Alte Glaubenssätze auf den Prüfstand“

Weiteres Anliegen von Paus ist eine familienfreundlichere Arbeitswelt: „Eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit wäre hilfreich“, verkündete sie im Vorfeld ihres Amtsantritts.

Die Tochter des Maschinenfabrikanten Hermann Paus hat zudem stets die Vermögensteuer befürwortet – im Zuge des Ukraine-Krieges und den damit verbundenen Ausgaben hat sie kürzlich die Absage der „Ampel“ an Steuererhöhungen auf den Prüfstand gestellt. „Wenn sich die Zeiten ändern, sollte dies die Politik auch“, bekundet die designierte Ministerin. Für sie gehören „alte Glaubenssätze auf den Prüfstand“. Mit der linken Finanzpolitikerin dürften die Koalitionsberatungen über die Familienpolitik spannend werden.

x