Politik Leitartikel: Leuchtende Sterne

Die Parlamentswahl hat die parteipolitischen Gewichte in Italien

dramatisch verschoben. An der Fünf-Sterne-Bewegung

als der stärksten Kraft führt wohl kein Weg mehr vorbei. Für Silvio Berlusconi scheint mit

dieser Wahl die Zeit als Politiker

endgültig abgelaufen.

Nach dieser Wahl ist in Italien nichts mehr wie es war. Auch wenn noch nicht klar ist, welche Regierung zustande kommen wird, ist eines ganz sicher: Die politische Landschaft Italiens hat sich dauerhaft verändert. Einst als populistisch bezeichnete Parteien gehören plötzlich zum Establishment. In den kommenden Wochen muss nun jeder Spieler auf der politischen Bühne entscheiden, wie er sich in diesem neuen Gefüge positionieren will. Die Fünf-Sterne-Bewegung wird als stärkste Partei die Geschicke Italiens in den kommenden Jahren bestimmen. In der Wählergunst vorn waren die Stelle zwar bereits nach der Wahl im Jahr 2013. Heute jedoch ist der Abstand zu den anderen so eklatant, dass diese politische Kraft nicht mehr kleingeredet werden kann. Damit zählt eine Bewegung, die sich dem Kampf gegen das politische Establishment verschrieben hat, nun zu ebendiesem. Vor allem mit ihrer Nicht-Positionierung konnten die Fünf Sterne bei den Italienern punkten: Spitzenkandidat Luigi Di Maio wurde im Wahlkampf nicht müde zu betonen, dass seine Partei weder links noch rechts zu verorten ist. Mit dem entsprechenden Von-allem-etwas-Programm zog er Wähler von beiden Seiten an. Dazu kamen diejenigen, die einfach nur wütend und enttäuscht von allen anderen sind. Das Problem: Um tatsächlich an die Regierung zu kommen, müssen die Fünf Sterne nun Farbe bekennen. Es wird sich zeigen, welche Richtung in der Bewegung die Oberhand gewinnen wird. Wird es die gemäßigte Art von Spitzenkandidat Di Maio sein, oder die ursprüngliche Krawall-Masche von Gründer und Ex-Komiker Beppe Grillo? Der 31-jährige Di Maio muss sich, will er regieren, nun auch endlich positionieren und deutlich machen, wohin er gehen will. Will er mit der fremdenfeindlichen rechten Lega von Matteo Salvini gemeinsame Sache machen? Oder doch lieber mit dem sozialdemokratischen linken Partito Democratico? In den kommenden Tagen und Wochen wird sich daher nicht nur eine neue Regierung bilden, es werden auch die Weichen für die Zukunft der italienischen Linken gestellt. Der sozialdemokratische Partito Democratico ist der klare Verlierer dieser Wahl. Der Vorsitzende des PD, Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi, hat gestern angekündigt, von seinem Amt zurückzutreten. Damit lösen sich aber nicht die Probleme der italienischen Linken. Der 43-jährige Florentiner ist nicht der Auslöser ihrer Krise. Renzi wollte die Partei erneuern, wirkte aber nicht wie ein Feuerlöscher, sondern wie ein Brandbeschleuniger. Bei aller Schwarzmalerei: Eine gemeinsame Regierung mit den Fünf Sternen könnte dem PD die Erneuerung bringen, die von den Bürgern so lange herbeigesehnt wurde. Oder sie führt zum endgültigen Untergang der italienischen Linken. Gegen diesen muss auch die Forza Italia kämpfen. Sie war mit ihrem Gründer und Präsidenten, dem Ex-Dauerministerpräsidenten Silvio Berlusconi, in den Wahlkampf gezogen – und ist kläglich gescheitert. Der 81-Jährige war zwar omnipräsent, versprach mit Steuersenkungen und Rentenerhöhungen mal wieder das Blaue vom Himmel. Doch dass seine Zeit – politisch zumindest – abgelaufen ist, verifizierte sich am Sonntag: Nur 14 Prozent konnte der einstige Cavaliere holen. Beobachter gehen davon aus, dass er sich nun endgültig zurückziehen wird. Doch ohne Berlusconi droht die Forza Italia in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Dies könnte der rechten, fremdenfeindlichen Lega, die bei diesen Wahlen ein nationales Rekordergebnis eingefahren hat, weiteren Aufschwung bescheren.

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