Meinung Lambrechts letzte Peinlichkeit

Verklärter Blick und betretene Miene: Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und ihr Nachfolger Boris Pistorius.
Verklärter Blick und betretene Miene: Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und ihr Nachfolger Boris Pistorius.

Warum der Abschied der Ex-Verteidigungsministerin ähnlich schräg ausfiel wie ihre Amtszeit.

Niemand kann ernsthaft behaupten, dass Christine Lambrecht für ihr Amt als Verteidigungsministerin brannte. Dennoch spielte Feuer bei ihren öffentlichen Auftritten zuletzt eine große Rolle.

Da war das bizarre Video, das die SPD-Politikerin zum Jahreswechsel auf ihren Social-Media-Accounts teilte. Während im Hintergrund Silvesterraketen in die Berliner Luft gingen und Böller knallten, sprach Lambrecht unbeirrt in die Handykamera. „Mitten in Europa tobt ein Krieg“, stellte sie fest und freute sich sogleich: „Damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte.“ Die taktlose Ansprache war der Höhepunkt einer ganzen Serie von Peinlichkeiten (Helikopterflug mit dem Sohn, Pumps in Afrika, 5000 Schutzhelme für die Ukraine). Wenig später trat sie als Verteidigungsministerin zurück.

Lambrechts Wunsch: „Niemals geht man so ganz“

Nun stand Lambrecht wieder im Feuerschein. Am Dienstagabend wurde die Ex-Ministerin mit einem Großen Zapfenstreich aus dem Amt verabschiedet. Statt Raketen brannten Fackeln, mit denen das Wachbataillon beim Verteidigungsministerium auf dem Innenhof des Wehrressorts zu Ehren der 57-Jährigen aufmarschierte. Das Gute: Lambrecht hielt dieses Mal keine Ansprache – zumindest nicht öffentlich. Das Schlimme: Sie ließ Musik sprechen.

Zum Abschied wünschte sie sich das Lied „Niemals geht man so ganz“ – im Original von der unvergessenen Trude Herr. Quälend lange vier Minuten spielte das Stabsmusikkorps der Bundeswehr den rheinischen Gefühlsschlager, während Lambrecht mit verklärtem Blick im Fackelschein stand (neben ihr, mit betretener Miene, ihr Amtsnachfolger Boris Pistorius).

Folgt Lambrecht auf Faeser?

War die Liedauswahl Nostalgie, eine politische Spitze oder doch eine unverhohlene Drohung? So manchen Zuschauer dürfte es gegruselt haben bei der Vorstellung, Lambrecht könnte noch einmal auf die politische Bühne zurückkehren. Immerhin gibt es Gerüchte, sie könne Innenministerin Nancy Faeser beerben, sollte diese als Ministerpräsidentin in Hessen gewählt werden.

Doch derzeit gibt es wenig Anzeichen für eine solche Rochade. Selbst ihren hartnäckigsten Fürsprechern gilt die Ex-Ministerin mit dem Hang zur Selbstdarstellung inzwischen als verbrannt. Dabei hätte Lambrecht am Dienstag ein letztes Mal Stil beweisen können: mit dem alten Schellackschlager „Sag’ beim Abschied leise Servus“.

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