Wirtschaftspolitik Konzertierte Aktion: Damals war nach zehn Runden Schluss

Der damalige Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) rief die Konzertierte Aktion ins Leben.
Der damalige Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) rief die Konzertierte Aktion ins Leben.

Als das Wirtschaftswunderland Deutschland in die wirtschaftliche Krise schlitterte, sollte die „Konzertierte Aktion“ helfen. Das gestaltete sich als schwierig.

Die Runde aus Politik, Arbeitgebern und Gewerkschaften trat am 14. Februar 1967 erstmals zusammen, um den Kampf gegen die Inflation und steigende Arbeitslosenzahlen zu führen.

Ersonnen hatte das neue Verhandlungsformat SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller (1911-1994). Denn ab Jahresbeginn 1967 kletterte die Anzahl der Arbeitslosen auf rund 330.000 Personen – und nahm ebenso ungewohnte wie bedrohliche Ausmaße an. Schiller hoffte, „am Tisch der gesellschaftlichen Vernunft“ Gewerkschaften und Unternehmerverbände auf Eckpunkte einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik einzuschwören – und eine Überhitzung der Konjunktur durch hohe Lohnforderungen der Gewerkschaften zu vermeiden.

Die gefährliche Lohn-Preis-Spirale

Auch wenn die Runde nichts entscheiden konnte, so wurden doch wirtschaftliche Probleme diskutiert, Informationen ausgetauscht und Erwartungen und Interessen formuliert. Denn damals wie heute war die Gefahr überaus real, dass Löhne und Preise sich gegenseitig in die Höhe treiben.

„Wer ohne diese Gruppen Politik betreiben will, der scheitert in seiner Politik. Mit der Konzertierten Aktion haben wir eine flexible Methode gefunden, diesen autonomen Gruppen eine Mitwirkung an der Vorbereitung der Wirtschaftspolitik zu ermöglichen“, sagte damals Minister Schiller. Er betonte ausdrücklich, dass keine Eingriffe in die Tarifautonomie vorgesehen seien. Doch hegte Schiller sehr wohl die Hoffnung, dass die Tarifpartner lohnpolitisches Fehlverhalten vermeiden.

Widerwillen bei Gewerkschaften

Die Gewerkschaften gingen von Anfang an mit Widerwillen in die Verhandlungen. Sie beharrten auf der Tarifautonomie, waren strikt gegen die Festsetzung von Lohnleitlinien, wie sie der damaligen Regierung aus CDU und SPD vorschwebten. Die Arbeitnehmerseite stand vor dem Problem, dass mögliche Vereinbarungen mit den Arbeitgebern später von der – guten – wirtschaftlichen Entwicklung überholt würden. Und so kam es auch. Im Krisenjahr 1967 akzeptierten die Arbeitnehmervertreter moderate Lohnerhöhungen. Dass nur ein Jahr später der Konjunkturmotor wieder ansprang, hatte niemand kommen sehen – zum Nachteil der von den Gewerkschaften vertretenen Beschäftigten.

Insgesamt zehn Gesprächsrunden gab es, doch es wurde immer schwieriger, tragbare Kompromisse zu finden und einen gemeinsamen Kurs zur Stabilisierung abzustecken. „Die Konzertierte Aktion war in den Aufschwungsphasen recht erfolgreich, geriet bei der Verteilung des Mangels in den Rezessionen der 1970er Jahre aber unter Druck. Die Fronten verhärteten sich“, schreibt der Wirtschaftswissenschaftler Gustav A. Horn.

Inszenierte Rettungsaktion

Das vorläufige Ende der Konzertierten Aktion zeichnete sich im Jahr 1977 ab. Die Gewerkschaften traten vorläufig aus dem Gesprächsforum aus, um gegen eine Verfassungsklage mehrerer Arbeitgeberverbände gegen das Mitbestimmungsgesetz von 1976 zu protestieren. Der DGB-Kongress machte 1978 aus der vorläufigen eine endgültige Absage.

Es blieb nicht die letzte, mit viel öffentlichem Wellenschlag inszenierte Rettungsaktion gewichtiger wirtschaftspolitischer Akteure: 2003 scheiterte unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) das „Bündnis für Arbeit“. Und auch die „Konzertierte Aktion Pflege“, die 2018 begann, fand schon drei Jahre später mangels Erfolgen ein klägliches Ende.

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