Politik Kommentar: Verbaler Nebel

Vor dem US-Kongress hat Donald Trump auf Polemik verzichtet. Ob er

endlich schwierige Gesetzesvorhaben anpackt, bleibt aber offen.

Donald Trump hat vor beiden Kammern des US-Kongresses die bisher beste Rede seiner Präsidentschaft gehalten. Was daran liegt, dass es nach den fahrigen, aggressiven, teils bizarren Auftritten seiner ersten Wochen im Amt rhetorisch kaum noch bergab gehen konnte. Ausnahmsweise hat der schrille Milliardär darauf verzichtet, die Medien an den Pranger zu stellen. Über weite Strecken klang er kaum anders, als manche seiner republikanischen Vorgänger im Weißen Haus klangen. Ein konservativer Politiker, der konservative Leitlinien skizziert. Nicht der zornige Rebell, der bereit ist, Sprengsätze ins Staatsgebäude zu schleudern, um es zum Einsturz zu bringen. Für einen Donald Trump ist das schon viel. Dass er diesmal auf Schockwirkung weitgehend verzichtete, hat ihm vergleichsweise gute Stilnoten eingetragen. Das zeigt jedoch nur, wie niedrig die Messlatte liegt. Als ob man schon froh sein müsste, wenn der Populist auf seine polemischen Töne verzichtet. In der Substanz, um die es gehen sollte, wenn ein US-Präsident im Parlament erscheint, um seinen Fahrplan fürs kommende Jahr vorzustellen, hat der Meister der Selbstinszenierung nicht mehr geboten als verbalen Nebel. Trump will ein groß angelegtes Infrastrukturprogramm starten, den Verteidigungsetat massiv erhöhen, die Steuern enorm senken und bei alledem nicht an den Sozialausgaben rütteln. Wie diese Rechnung aufgehen soll, ohne den Schuldenberg weiter aufzutürmen, bleibt – weiter – unklar. Das Großprojekt, die Gesundheitsreform Obamacare zu ersetzen, überlässt er offenbar gleich dem Kongress.

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