Helmut Kohl Kohl-Witwe: Will mit Privatstiftung eigene Wege gehen

Maike Kohl-Richter ist die Alleinerbin des Altkanzlers, hier steht sie neben dem Porträt ihres Mannes, das sie an das Historisch
Maike Kohl-Richter ist die Alleinerbin des Altkanzlers, hier steht sie neben dem Porträt ihres Mannes, das sie an das Historische Museum der Pfalz in Speyer übergeben hat.

Der Streit zwischen der Witwe des 2017 verstorbenen Altbundeskanzlers Helmut Kohl und der Bundesregierung eskaliert: In einer Stellungnahme zur Konstituierung der „Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung“ in Berlin kündigt Maike Kohl-Richter juristische Schritte an. Zudem gehe sie mit einer privaten Helmut-Kohl-Stiftung „eigene Wege“.

Die Gründung eines Vereins mit dem Namen „Helmut-Kohl-Stiftung“ geht aus einer Veröffentlichung des zuständigen Registergerichtes vom Montag hervor. Unter dem Eintrag VR61400 wird als Sitz des Vereins die Adresse des Kohl-Bungalows in der Marbacher Straße in Ludwigshafen-Oggersheim angegeben. Dort lebt nach wie vor Maike Kohl-Richter, die zweite Ehefrau und Alleinerbin Helmut Kohls.

Kohl-Richter hatte schon am 5. Mai in einer elfseitigen Stellungnahme scharfe Kritik an der Gründung einer „Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung“ durch den Bundestag geübt. Das Parlament stimmte am 6. Mai einem entsprechenden Gesetzentwurf der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD zu. Sitz der Stiftung ist demnach Berlin. Am 9. Juni trat das Vorhaben in Kraft.

Anwalt veröffentlicht Stellungnahme

Kohl-Richters Freiburger Anwalt Stefan Wieser teilte in einer siebenseitigen Reaktion auf die Konstituierung der Bundesstiftung am Dienstag mit: Die Alleinerbin des Altbundeskanzlers werde „ihre Rechtspositionen (...) verteidigen und gegen die staatliche Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung juristisch vorgehen“. Dies hatte sich abgezeichnet. Im Mai hatte Wieser auf eine Anfrage der RHEINPFALZ, ob Kohl-Richter gegen die Bundesstiftung klagen könnte, so geantwortet: „Sie haben richtig erkannt, dass (die Presseerklärung vom 5. Mai) die Antwort auf Ihre Frage bewusst offenlässt.“

Wieser zufolge reagiert die Kohl-Erbin mit ihrer Klageankündigung auf die erste Sitzung des Kuratoriums der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung am Dienstag in Berlin. Zum Vorsitzenden wurde der frühere Unionsfraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, gewählt. Zum Kuratorium gehören auch der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sowie die Ministerpräsidenten a. D. Bernhard Vogel (CDU) und Kurt Beck (SPD). Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sagte: „Die zügige Gründung einer vom Bund getragenen Politikergedenkstiftung für Helmut Kohl unterstreicht den breiten Wunsch, (...) das Vermächtnis des Ehrenbürgers Europas umfassend zugänglich zu machen.“

Streit um Aufarbeitung der Spendenaffäre

Kohl-Richter widerspricht dieser Darstellung vehement und sieht ihren Mann und sich selber durch die Vorgehensweise von Bundesregierung und CDU aufs Übelste verunglimpft. Sie habe sich für einen „gemeinsamen Weg“ zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt. Ihre zentrale Forderung: Vor einer Stiftungsgründung müsse zunächst die CDU-Spendenaffäre von 1999 umfassend und öffentlich aufgearbeitet werden. Eine „bereinigende Debatte“ im Vorfeld sei ihr Wunsch gewesen, so Kohl-Richter.

„Die meisten Menschen“, so die Witwe des Altbundeskanzlers, wüssten bis heute nicht, was damals wirklich geschehen sei. Kohl-Richter wirft in ihrer Erklärung vom Dienstag der Bundesregierung vor, die Bundesstiftung „zum erneuten Schaden Helmut Kohls“ durchgesetzt zu haben. Sie habe damit die Absicht verfolgt, „auch die Wahrheit über die sog. Spendenaffäre nicht öffentlich aufarbeiten zu müssen“. Kohl hatte sich bis zu seinem Lebensende geweigert, die Namen von Spendern offenzulegen, weil er ihnen sein Ehrenwort gegeben habe. Laut seiner Witwe aber sei dem Ludwigshafener Ehrenbürger Europas „eine faire Einordnung der Ereignisse (...) zu Lebzeiten nie gewährt“ worden. Die habe Kohls guten Ruf, sein Lebenswerk und seine Gesundheit massiv beschädigt. Es ging damals um 2,1 Millionen D-Mark für die CDU aus den Jahren 1993 bis 1998, die nicht ordnungsgemäß verbucht wurden.

CDU-Kreise: Haben alles versucht

Kohl-Richter wirft der großen Koalition zudem vor, in einem „Hinterzimmer-Tauschgeschäft“ die Gründung der Kohl-Stiftung mit der Gründung der Helmut-Schmidt-Stiftung des Bundes verknüpft zu haben. Sie kritisiert, dass in der Kohl-Stiftung nun die Alleinerbin nichts zu sagen habe, in der Schmidt-Stiftung dagegen ein Freundeskreis des 2015 verstorbenen SPD-Altkanzlers aus Hamburg alles bestimmen dürfe.

Aus CDU-Kreisen war im Frühjahr verlautet, man habe alles versucht, um Kohl-Richter eine Brücke in die Stiftung zu bauen. Dem Vernehmen nach spielte tatsächlich die nahende Bundestagswahl eine Rolle: Die Befürchtung der CDU war, dass die Gründung einer Kohl-Stiftung sich noch schwieriger gestalten könnte, sollte die CDU nicht mehr das Kanzleramt führen. Dort ist bisher das Amt des Kulturstaatsministers angesiedelt, welches für Gedenkeinrichtungen des Bundes federführend ist.

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