Politik Italien steuert auf Neuwahlen zu
«Rom.»Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt und setzt auf Neuwahlen. Aufgabe seiner Regierung werde die Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr sein, sagte Cottarelli gestern nach seinem Treffen mit dem Präsidenten. Wahlen werde es entweder im Herbst oder Anfang kommenden Jahres geben. Am Sonntagabend hatte Giuseppe Conte wegen Mattarellas Veto gegen einen Euro-Skeptiker als Wirtschaftsminister seinen Regierungsauftrag zurückgegeben. Conte hätte eine Koalition von rechtsextremer Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung führen sollen. Cottarelli kündigte eine umsichtige Finanzpolitik an. Gelinge es nicht, den Haushalt in der aktuellen Phase des Wirtschaftswachstums zu sanieren, „droht eine Situation wie 2011“, sagte der Wirtschaftsprofessor. Damals stand Italien kurz vor dem Staatsbankrott. Cottarelli lehrte bisher an der katholischen Universität zu Mailand. Er wurde 1954 im norditalienischen Cremona geboren und diente schon in der Regierung von Enrico Letta (2013 bis 2014) als Sparkommissar. Cottarelli war außerdem von 2008 bis 2013 Direktor beim Internationalen Währungsfonds. Eine von Cottarelli geführte Regierung wird von der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung, die im Parlament die Mehrheit haben, abgelehnt. Auch die Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat bereits angekündigt, gegen Cottarelli zu stimmen. Sollte Cottarelli keine Mehrheit im Parlament bekommen, könnte Mattarella ihn und sein Kabinett dennoch vereidigen, damit die Regierung bis zu Neuwahlen im Amt bleibt. Wenn die Übergangsregierung im Parlament keine Mehrheit für ihren Haushaltsentwurf bekommt, könnte schon im September neu gewählt werden. Lega und 5 Sterne reagierten empört auf die Entscheidung und warfen dem Präsidenten Amtsmissbrauch vor. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio rief das Parlament auf, den Präsidenten abzusetzen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zollte der Entscheidung Mattarellas Respekt. Sie zeuge von Mut und Verantwortungsbewusstsein. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte ihre Bereitschaft, mit jeder Regierung in Italien zusammenarbeiten. Allerdings gebe es Prinzipien in der Euro-Zone. Sie erinnerte an den Amtsantritt der griechischen Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras, der anfangs die Auflagen für die finanziellen Hilfen der Euro-Partner auch nicht akzeptieren wollte. Auch mit diesem habe mal „viele Nächte“ geredet bis man sich zusammengerauft habe. Kommentar Seite 2 Seite 3