Corona-Pandemie In den Kliniken fehlt viel Personal

Besorgt: Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis vom Corona-Expertenrat der Bundesregierung.
Besorgt: Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis vom Corona-Expertenrat der Bundesregierung.

Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis vom Corona-Expertenrat der Bundesregierung warnt angesichts steigender Infektionszahlen vor massiven Personalengpässen in den Kliniken.

„Die Personalsituation auf den Intensivstationen ist enorm angespannt“, sagte der wissenschaftlicher Leiter des Intensivbettenregisters der Fachvereinigung Divi den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das System steht näher an einem Kipppunkt, als ich bisher dachte.“ Von bundesweit 1300 Intensivstationen hätten Mitte Juni rund 580 erhebliche Personalengpässe gemeldet, inzwischen seien es rund 630. „Wir hatten in den vergangenen Jahren noch nie so wenig betreibbare High-Care-Betten zur Verfügung wie derzeit“, sagte Karagiannidis. Bis vor Kurzem habe der Schnitt deutschlandweit noch bei 8000 gelegen, jetzt seien es noch 7500. Es sei zu erwarten, dass sich die Lage durch weiter steigende Infektionszahlen und dementsprechend mehr Personalausfälle noch verschlechtere.

Das Robert-Koch-Institut hat den bundesweiten Sieben-Tage-Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner am Samstagmorgen mit gut 630 angegeben – eine Woche zuvor hatte er bei knapp 450 gelegen, im Vormonat bei gut 280. Allerdings liefert die Inzidenz kein vollständiges Bild der Infektionslage: Experten gehen von sehr vielen nicht erfassten Fällen aus - vor allem weil viele Infizierte keinen PCR-Test mehr machen lassen, aber nur diese Tests zählen in der Statistik.

Marburger Bund klagt über „Bürokratie-Irrsinn“

Unterdessen klagte die Ärzteorganisation Marburger Bund über einen „Bürokratie-Irrsinn“ an den Kliniken und forderte Regierung und Krankenkassen zum sofortigen Umsteuern auf. „Trotz jahrelanger Bekenntnisse zum Bürokratieabbau wird der Dokumentationsaufwand immer absurder. Es ist zum Verzweifeln, das raubt uns Zeit, die wir nicht haben“, sagte die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auf das im Ampel-Koalitionsvertrag vereinbarte Bürokratieabbau-Paket „warten wir bislang vergebens“.

„Wie kann es sein, dass in einer Zeit, in der Stationen wegen fehlenden Personals verkleinert, Patienten abbestellt werden müssen, Ärztinnen und Ärzte täglich drei Stunden mit Dokumentation und Datenerfassung von ihrer Arbeit abgehalten werden?“, schilderte Johna die Lage in der „NOZ“ vom Sonntag. Viele „vermeintliche“ Qualitätssicherungsinstrumente brächten den Patienten nichts, sagte Johna weiter. Ein „immenser Teil der Bürokratie“ diene „nur der Absicherung von Abrechnungen, weil dafür zahllose Zu- oder Abschläge dokumentiert werden müssen“.

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