Politik Im Kampf für die „Gerechtigkeitswende“

Zehn Jahre ist es her, dass die Partei „Die Linke“ aus der Taufe gehoben wurde – als Verschmelzung der SPD-Abspaltung WASG und der SED-Nachfolgepartei PDS. Erfolgreich ist sie vor allem in Ostdeutschland. In Thüringen stellt sie mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten. Im Bundestag ist sie derzeit mit einem Sitz Vorsprung vor den Grünen die größere der beiden Oppositionsfraktionen.

Eine Folge der Verschmelzung ist der Grundsatz der Linkspartei, Führungspositionen doppelt zu besetzen, um die Herkunft der Partei aus Ost- und Westdeutschland und die spezifischen politischen Strömungen in den Vorstandsgremien gleichberechtigt zu repräsentieren. Neben den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger gibt es ein weiteres Duo, das den Wahlkampf führt: Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Auch wenn es zwischen den politischen Flügeln der Linken immer wieder zu Turbulenzen über die richtige Strategie und das richtige Personal kommt, gibt es über die Grundausrichtung der Partei keinen Dissens. So begreift sich die Linkspartei als Anwalt der „Abgehängten“, also jener Menschen, „die wenig verdienen und deren Stimme nicht gehört wird“. Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland ist nach Ansicht der Partei viel zu breit und droht, noch größer zu werden. Als einen der Gründe für das Auseinanderdriften der Gesellschaft nennt die Linke die Entwicklung des Einkommens. Bei Unternehmen sei dieses seit Anfang des Jahrtausends um rund 30 Prozent gestiegen, bei Beschäftigten (netto) im Schnitt um drei Prozent. Die Linke folgert daraus, dass es eine „Gerechtigkeitswende“ geben müsse, deren Sinn darin bestehe, „dass alle Menschen frei von Armut sind und keine Angst vor sozialem Absturz haben“. Einen Auslöser dieses Grundproblems sieht die Partei in den Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder. So hätten die Agenda 2010 und das Hartz-IV-System Millionen Menschen „in den Niedriglohn gestoßen und zur Armut und Bevormundung verurteilt“. Die Linkspartei fordert daher den Ausstieg aus Hartz IV. Das System müsse ersetzt werden durch eine Mindestsicherung in Höhe von 1050 Euro ohne Sanktionen und Kürzungsmöglichkeiten. Denselben Betrag sollen auch alte Menschen als Mindestrente erhalten, finanziert aus Steuermitteln. In Rente sollen Erwerbstätige grundsätzlich ab 65 Jahren und nicht ab 67 Jahren gehen. Den gesetzlichen Mindestlohn will die Linke auf zwölf Euro erhöhen (derzeit 8,84 Euro). Verglichen mit anderen Parteien hat die Linke den größten Umbau im Steuersystem vor. Er sieht die Steuerfreiheit bis zu einem Jahreseinkommen von 12.600 Euro vor (bisher 8820 Euro). Der Spitzensteuersatz soll dagegen von 42 auf 53 Prozent erhöht werden. Danach ist eine Reichensteuer geplant, beginnend mit 60 Prozent, ab einer Million Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen mit 75 Prozent. Vermögen sollen ab einem Wert von einer Million Euro mit fünf Prozent besteuert werden. Auch hohe Erbschaften und die Erträge der Konzerne sollen dem Fiskus mehr einbringen als jetzt. Soziale Ungleichheit macht die Linke vor allem im Bildungsbereich aus. Daher plädiert sie für eine „Schule für alle“, die das gegliederte Schulsystem ersetzen soll. Ebenso fordert die Partei einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule. Behinderte sollen einen Rechtsanspruch auf Bildung in einer Regelschule bekommen, wofür ein Zwei-Lehrer-Prinzip eingeführt werden soll. Bei Ausbildungsplätzen soll es anonyme Bewerbungen geben, um dem von der Linken gesehenen Problem zu begegnen, dass Menschen mit ausländisch klingenden Namen weniger Aussicht auf einen Platz hätten als solche mit deutschen Namen. Wenn über eine rot-rot-grüne Koalition im Bund spekuliert wird, kritisieren SPD und Grüne immer wieder die Positionen der Linkspartei in der Außenpolitik. Insbesondere in Fragen der Verteidigungspolitik und des transatlantischen Verteidigungsbündnisses Nato eckt die Linke selbst bei den ihr politisch nahestehenden Parteien an. Scharf kritisiert wird folgender Passus im Wahlprogramm: „Wir wollen die Nato auflösen und durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einbeziehung von Russland ersetzen, das auf Abrüstung zielt. Wir wollen, dass die Bundeswehr dem Oberkommando der Nato entzogen wird und die Bundesrepublik aus den militärischen Strukturen des Bündnisses austritt.“ In der Europapolitik argumentiert die Linkspartei ähnlich rigoros: Nötig sei ein „Neustart“ der EU, mit neuen Verträgen, über die es Volksabstimmungen geben soll. In der Flüchtlingspolitik unterstützt die Partei die Forderungen nach einem sofortigen Stopp der Abschiebungen und nach einem Bleiberecht „für alle“. Die Serie Teil 1 der Serie „Parteienprofile“ (zur AfD) ist am 11. September erschienen.

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