Bundeswehr Im Auslandseinsatz Hitlers Geburtstag besungen

Die deutsche Truppe in Litauen ist Teil eines Nato-Einsatzes, mit dem die baltischen Staaten und Polen zusätzlich geschützt werd
Die deutsche Truppe in Litauen ist Teil eines Nato-Einsatzes, mit dem die baltischen Staaten und Polen zusätzlich geschützt werden.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat auf die Vorwürfe sexueller Nötigung und Rechtsextremismus in einer Bundeswehreinheit in Litauen reagiert: Der gesamte Zug wird abgelöst, die Entgleisungen würden mit aller Härte bestraft.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat die Entgleisungen von Bundeswehr-Soldaten in Litauen scharf verurteilt. Die Soldaten hätten „völlig inakzeptable Verfehlungen begangen“, sagte sie am Freitag bei einem Auftritt in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. „Diese Soldaten setzen mit ihrem Verhalten leichtfertig den Ruf der gesamten Bundeswehr aufs Spiel. Mit ihren Verfehlungen schädigen sie den Einsatz und die Leistung all ihrer Kameradinnen und Kameraden und gefährden den guten Ruf unseres Landes.“

Die Vorfälle in Litauen sind zu Wochenbeginn durch einen Bericht des „Spiegel“ öffentlich geworden. Inzwischen wurde der komplette betroffene Zug von 30 Soldaten nach Deutschland zurückbeordert und abgelöst.

Im Raum stehen Straftaten wie sexuelle Nötigung, Beleidigung mit rassistischem oder antisemitischem Inhalt sowie extremistische Verhaltensweisen. Bei einer Party, die am 30. April in einem Hotel in der Region Rukla stattfand, waren manche Soldaten bei einem sogenannten Erholungswochenende so betrunken und feierten so heftig, dass das Hotelpersonal die deutschen Feldjäger alarmierte. Am 20. April soll laut „Spiegel“ ein Geburtstagsständchen für Adolf Hitler angestimmt worden sein. In einem internen Vermerk heißt es, die Soldaten hätten das Lied entgegen dem eindeutigen Befehl eines Feldwebels gesungen.

Spezialeinsatz der Nato

Die betroffene Panzergrenadier-Einheit ist in Litauen, um die Handlungsfähigkeit der Nato im Osten Europas zu unterstreichen. Die Allianz hatte 2016 die sogenannte „Enhanced Forward Presence“ (Verstärkte Vornepräsenz) beschlossen, um mit Blick auf die Ukrainekrise gegenüber Russland ein Signal zu setzen. Jeweils rund 1000 Soldaten werden in den baltischen Staaten und Polen rotierend stationiert. Kramp-Karrenbauer sagte am Freitag, sie selbst sei von den Vorkommnissen „tief enttäuscht“. Die Soldaten seien allen in den Rücken gefallen – „und das in einer Situation, in der das Ministerium und viele Bundestagsangehörige für mehr Geld für wichtige Rüstungsprojekte kämpfen“.

Eigentliches Thema von Kramp-Karrenbauers Grundsatzrede an der Führungsakademie war die Frage, wie sich Deutschland und die Bundeswehr für die Zukunft aufstellen sollen. Hierzu sagte sie, Deutschland müsse „unbedingt die Technologien der Zukunft meistern“. „Unsere Sicherheit, unser Wohlstand, unser soziales System und die politische Gestaltungskraft werden entscheidend davon abhängen, dass Deutschland und Europa eine technologische Führungs- und Gestaltungsrolle haben.“

Wichtig sei außerdem, dass Deutschland „seine Verantwortungsrolle in Europa“ annehme, sagte Kramp-Karrenbauer. „Wir müssen auch wirklich führen als großes, leistungsstarkes Land in der Mitte des Kontinents, auf das alle schauen und bauen.“

Linke: Muster rechtsextremer Ausfälle

Die Vorwürfe im Fall Litauen seien Teil eines Musters, beklagte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. Seit Anfang Januar 2020 wisse die Bundeswehr etwa von Vorwürfen gegen einen Soldaten, der einen Kollegen „mehrfach verbal (im Zusammenhang mit der Hautfarbe des Betroffenen) beleidigt und bloßgestellt“ haben soll, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage Jelpkes. In dem Fall ermittelt demnach die Wehrdisziplinaranwaltschaft. Das Verfahren sei bislang nicht abgeschlossen. Die Bundeswehr gewähre dem Beschuldigten weiterhin Zugang zu Waffen.

In einem zweiten Fall sollen dem Bericht zufolge im Sommer 2020 vier deutsche Soldaten im Raucherbereich vor einer litauischen Kaserne „Tiergeräusche imitiert haben“, als ein schwarzer Soldat aus Frankreich an ihnen vorbeiging. Tatverdächtige hätten laut dem Verteidigungsministerium nicht identifiziert werden können, Konsequenzen habe es daher keine gegeben.

Jelpke kritisiert: „In der Bundeswehr werden immer noch Reichsbürger und Hitler-Verehrer geduldet, an der Waffe ausgebildet und als Ausbilder eingesetzt. Die Vorgesetzten sind oftmals viel zu duldsam.“ Soldaten, die Kameraden rassistisch und antisemitisch verunglimpften „gehören raus aus der Bundeswehr, und zwar sofort“. Es dürfe jetzt nicht mehr Zeit vergehen, bis diese Dinge abgestellt würden. Jelpke: „Es darf nicht ein Jahr oder länger verstreichen, wenn es darum geht, herauszufinden, ob da womöglich einem Nazi Schießtraining gewährt wird.“

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