Energie Hohe Energiepreise belasten Haushalte
Die Inflation in Deutschland übersprang erstmals seit knapp 28 Jahren wieder die Vier-Prozent-Marke. Diesel und Super E10 erreichten Neunjahreshochs. Angeheizt vor allem von höheren Energiekosten legten die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,1 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Die Wiesbadener Behörde bestätigte vorläufige Daten. Eine Vier vor dem Komma war zuletzt im Dezember 1993 ermittelt worden. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft. Verbraucher können sich pro Euro weniger kaufen als zuvor.
Die Teuerung wird seit geraumer Zeit von Energiepreisen angeheizt. Die weltweite Nachfrage unter anderem nach Rohöl ist angesichts der Konjunkturerholung nach dem Einbruch in der Corona-Krise groß. In Deutschland ist zudem seit Jahresbeginn eine Abgabe von 25 Euro je Tonne Kohlendioxidausstoß fällig. Kohlendioxid entsteht beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas. Hinzu kommen Sondereffekte wie die Rücknahme der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung, die nun voll auf die Teuerung durchschlägt. Nach Einschätzung vieler Volkswirte dürfte sich der Preisauftrieb im Laufe des kommenden Jahres wieder abschwächen.
EU schlägt Subventionen vor
EU-Energiekommissarin Kadri Simson stellte am Mittwoch Werkzeuge zur Entlastung vor, die EU-Länder anwenden können, ohne gegen die europäischen Wettbewerbsregeln zu verstoßen. Unter anderem schlägt die Kommission direkte Zahlungen, Steuererleichterungen und Subventionen für kleine Unternehmen vor. Sie erwägt aber auch mittelfristige Reformen, um den europäischen Energiemarkt auf lange Sicht robuster zu machen. Die Brüsseler Behörde will sich auch einen Vorschlag für gemeinsame Gaseinkäufe und Gasreserven genauer anschauen. Die Bundesregierung ist zurückhaltend. In Deutschland werde Gas nicht vom Staat eingekauft, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben kurzfristig eingegriffen, um Privathaushalte vor hohen Strom- und Heizungsrechnungen zu schützen. Die amtierende Bundesregierung plant aber keine zusätzlichen staatlichen Maßnahmen gegen die steigenden Energiepreise. Er könne solche Maßnahmen, die die nächste Regierung betreffen würden, nicht ankündigen, sagte Seibert. Der Deutsche Mieterbund und der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderten ein Gegensteuern der neuen Bundesregierung. Ansonsten drohe in den kommenden Jahren eine „Nebenkostenexplosion“.
Super auf Neunjahreshoch
Diesel und Super E10 erreichten Neunjahreshochs, wie der ADAC am Mittwoch mitteilte. Nur im Rekordjahr 2012 war Sprit kurzfristig noch einige Cent teurer, doch die Abstände schrumpfen zusehends. Besonders Diesel legte zu: Am Dienstag kostete der Treibstoff im bundesweiten Tagesdurchschnitt laut ADAC 1,526 Euro pro Liter – 4,8 Cent mehr als vor einer Woche. Damit fehlen noch 2,8 Cent zum bisherigen Höchstwert aus dem August 2012. Auch E10 verteuerte sich deutlich. Am Dienstag war es mit 1,647 Euro pro Liter um 3,8 Cent teurer als vor Wochenfrist. Zum Rekord aus dem September 2012 fehlen damit noch 6,2 Cent. Wichtigster Treiber sind laut ADAC und Mineralölwirtschaftsverband die Rohölpreise, die zuletzt im Bereich von Mehrjahreshochs gelegen hatten. Zudem verweisen beide Verbände auf den CO2-Abgabe.
Wegen des enormen Preisanstiegs bei Gas stoppte der Energieversorger Eon das Neugeschäft mit Privatkunden vorläufig. Ein Unternehmenssprecher betonte, Bestandskunden seien nicht betroffen. Sie würden selbstverständlich weiter beliefert. Auch seinen Aufgaben als Grundversorger werde der Konzern weiter nachkommen. Die Grundversorger springen beim Ausfall anderer Lieferanten ein, um die Gasversorgung betroffener Haushalte sicherzustellen.
In den vergangenen Monaten sind die Gas-Großhandelspreise international auf Rekordstände geklettert. Große Versorger kaufen aber langfristig ein, so dass Preissprünge an der Börse nicht direkt durchschlagen. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums betonte, die Versorgungssicherheit in Deutschland sei weiter hoch, Engpässe gebe es nicht. Russlands Präsident Wladimir Putin warb angesichts der Gaskrise in Europa für eine rasche Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 und wies erneut Vorwürfe zurück, Russland benutze seine Marktmacht, um die Preise in die Höhe zu treiben.