Politik FPÖ-Skandal: Österreichs Regierung ist zerbrochen

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Muss jetzt selbst ein Misstrauensvotum befürchten: Kanzler Sebastian Kurz.

Die Video-Affäre sorgt in Wien für Dramatik: Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will den umstrittenen Innenminister Herbert Kickl aus dem Amt drängen. Daraufhin verkünden dessen Ministerkollegen von der FPÖ ihre Rücktritte.

Vor dem Rücktritt der Minister, die die FPÖ stellt, hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorgeschlagen. Eine mögliche Amtsenthebung des Innenministers war am Wochenende von Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) in den Raum gestellt worden. Der enge Vertraute des Kanzlers begründete dies damit, dass Kickl nicht das Ressort führen könne, das die Ermittlungen rund um das Skandalvideo leite. Kickl war 2017 Generalsekretär der FPÖ, als das Video gedreht wurde. Die FPÖ wollte sich jedoch auf einen Rücktritt Kickls nicht einlassen. Kickl warf dem Koalitionspartner ÖVP vielmehr „kalte und nüchterne Machtbesessenheit“ vor. Die ÖVP wolle sich bloß das Innenressort wieder zurückholen, das sie bei den Koalitionsverhandlungen an die FPÖ abgegeben hatte.

„Möglichst geregelte Verhältnisse“

Kurz trat am Montag zwei Mal wegen der Affäre vor die Kameras. Er erklärte zunächst, er wolle gemeinsam mit dem Präsidenten Alexander Van der Bellen sicherstellen, dass politische Stabilität in Österreich gewährleistet bleibe. In einer zweiten Erklärung am Abend sprach er sich für eine Ablösung Kickls aus und unterstrich die Notwendigkeit, die Handlungsfähigkeit der Regierung zu erhalten. Bis zur Wahl, die für September vorgesehen ist, sollten „möglichst geregelte Verhältnisse“ in Wien herrschen. Freiwerdende Ministerien sollten bis zur vorgezogenen Wahl im Herbst von Experten und Spitzenbeamten besetzt werden, sagte Kurz. Ausgelöst wurde die Regierungskrise durch ein von „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“ am Freitag veröffentlichte Video. Darin stellt Strache einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte unter anderem öffentliche Aufträge in Aussicht, sollte sie der FPÖ zum Erfolg bei den österreichischen Nationalratswahlen 2017 verhelfen. Der Kreml erklärte am Montag, Russland sei in keiner Weise in den politischen Skandal in Österreich involviert.

Forderung nach Austausch der gesamten Regierung

Die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner sprach von einer „veritablen Staatskrise“. Sie forderte den Austausch der gesamten Regierung: Bis zur geplanten Neuwahl im September solle eine komplette Übergangsregierung aus Experten eingesetzt werden. Unklar blieb, ob Kurz mit einem Misstrauensvotum konfrontiert werden wird. Die oppositionelle Liste „Jetzt“ hatte zuvor einen Misstrauensantrag gegen Kurz im Parlament angekündigt – und hofft dabei auch auf die Unterstützung der verärgerten FPÖ. Sollte der Misstrauensantrag angenommen werden, müsste Bundespräsident Van der Bellen jemanden mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen.

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