Faktencheck Fake-News im Internet: Wenn die Autofahrer mit Verboten erschreckt werden

Auspuff eines Porsche Cayenne: Die Grünen wollen weniger Umweltbelastung, aber eine Quote für Autofahrten steht nicht in ihrem W
Auspuff eines Porsche Cayenne: Die Grünen wollen weniger Umweltbelastung, aber eine Quote für Autofahrten steht nicht in ihrem Wahlprogramm.

„Bürger sollen Auto nur noch 12 Mal jährlich privat nutzen dürfen!!“, heißt es in einem Facebook-Eintrag. Solche Posts, die sich vermeintlich mit dem Wahlprogramm der Grünen beschäftigen, gibt es zuhauf.

Nach der Bundestagswahl 2021 wollen die Grünen Regierungsverantwortung übernehmen. Dafür haben sie Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin aufgestellt und ein Wahlprogramm vorgelegt. Gehört dazu auch eine Regelung, wie oft Bürger ihr Auto in Zukunft benutzen dürfen? In einem Facebook-Eintrag, illustriert mit einem Foto von Baerbock, schreibt Bettina P.: „Wer bei der nächsten Wahl sein Kreuz bei den Grünen macht, der kann schon mal seinen Autoschlüssel mit in die Urne werfen.“

Ein Faktencheck zeigt: Die von P. verbreitete Behauptung, es solle mit den Grünen eine Art Limit oder Kontingent für Autofahrten geben, stimmt nicht. Die Idee gibt es, sie stammt aber von einer privaten Initiative – sie ist jedenfalls kein Projekt aus der Feder der Grünen.

Die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ gibt es seit 2020. Sie setzt sich dafür ein, den Autoverkehr innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings weitgehend einzuschränken. Einem Entwurf der Initiative zufolge sollen beispielsweise Bürger in dem Abschnitt nur noch zwölf Mal im Jahr Auto fahren dürfen. Es handele sich um eine „Gruppe von Privatpersonen“, heißt es auf der Website der Initiative, und zudem: „Wir sind unabhängig von Verbänden oder Organisationen, unabhängig von staatlichen Geldern und sind parteipolitisch neutral“. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte ein Sprecher der Initiative mit: „Von den ca. 15 Initiator*innen war keine*r Mitglied der Grünen“.

Im Wahlprogramm steht was anderes

Der Sprecher teilte weiter mit: „Der Volksentscheid Berlin autofrei kritisiert deutlich die Pläne aller Parteien in Berlin, auch von Grünen und Linken, die aktuell an der Regierung beteiligt sind.“ Die Programmatik der Grünen widerspreche zum Teil erheblich den Zielen des Volksentscheids: „Grüne Instrumente zur Begrenzung des Autoverkehrs, z.B. eine City-Maut lehnt die Initiative als sozial ungerecht ab.“

Als verantwortlich im Impressum der Homepage zum Volksentscheid wird Ludwig Lindner genannt – er ist Mitglied der Linken im Bezirksverband Neukölln. Er bekleide „dort jedoch weder ein Amt noch ein Mandat“, teilte der Sprecher der Initiative der dpa mit. „Er ist nicht mehr im Leitungs- und Koordinationskreis und auch nicht mehr als Pressesprecher aktiv.“

Warum aber verfängt bei manchen die pauschale Behauptung, Bürger dürften im Fall eines Wahlerfolgs der Grünen nur noch zwölf Mal im Jahr ihr Auto nutzen? Sie klingt so, als könnte sie von den Grünen sein. Im Programmentwurf der Grünen zur Bundestagswahl ist von einer solchen Regelung zwar nirgends die Rede – allerdings wollen die Grünen es Städten erleichtern, „verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte“ zu schaffen. Zudem fordern die Grünen generell, den Verkehr möglichst emissionsarm zu gestalten.

 

Faktenchecks

Die Deutsche Presse-Agentur, kurz dpa, hat in den vergangenen Jahren ein Team aufgebaut, das gezielt Informationen überprüft, die sich im Internet stark verbreiten, zum Beispiel bei Twitter oder Facebook. Oft sind dies Halbwahrheiten oder sogar reine Falschmeldungen. Zudem hat die dpa seit Januar 2021 ein Faktencheck-Netzwerk aufgebaut, zu dem auch die RHEINPFALZ gehört. Das heißt, RHEINPFALZ-Redakteure wurden geschult, mit speziellen Computer-Programmen im Netz Fakten zu überprüfen.

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