Berlin Fahrverbote: Viel Streit um Wissings Drohung
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat in einem Brief an die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP vor drastischen Einschnitten für Autofahrer bis hin zu Fahrverboten an Wochenenden gewarnt, falls die Koalition sich nicht bald auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes einige. Wenn die Novelle vor dem 15. Juli nicht in Kraft sei, müsse das Ministerium nach der bisherigen Rechtslage ein Sofortprogramm mit restriktiven Maßnahmen vorlegen.
SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sagte dazu: „Panikmache durch abwegige Vorschläge helfen dem Klimaschutz im Verkehrsbereich überhaupt nicht, im Gegenteil.“ Die SPD-Fraktion lehne Fahrverbote für Pkw und Lkw ab.
Auch der Chef des Umweltbundesamts Dirk Messner hat die Drohungen von Wissing mit Fahrverboten zurückgewiesen. „Wir brauchen natürlich keine Fahrverbote. Solche Verbote werden auch nicht ernsthaft diskutiert und verängstigen die Menschen ohne Grund“, sagte der Behördenchef dem „Spiegel“. Es sei zwar richtig, dass die Bundesregierung sofort handeln und wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen müsse, damit der Verkehrssektor die Klimaziele einhalte. „Das bedeutet aber nicht automatisch, dass plötzlich Fahrverbote drohen, wenn wir Klimaschutz im Verkehrssektor ernst nehmen.“ Er forderte stattdessen eine neue Debatte über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen, die die FDP bisher strikt ablehnt. Mit der Einführung eines Tempolimits von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen und Tempo 80 auf Landstraßen wäre es laut Umweltbundesamt möglich, bis 2030 eine Summe von 38 Millionen Tonnen CO 2 einzusparen.
Umweltverbände warnen, mit den Plänen für eine Änderung des Klimaschutzgesetzes würden Sektorenziele und die Verantwortlichkeit der Ministerien wie des Verkehrsressorts aufgeweicht. Greenpeace-Mobilitätsexpertin Clara Thompson kritisierte: „Zwei Jahre hat Wissing damit vergeudet, jede Klimaschutzmaßnahme im Straßenverkehr zu blockieren – jetzt malt er Horrorszenarien an die Wand, um auch in Zukunft nichts tun zu müssen.“
Kritik am Bundesverkehrsminister kommt auch aus der Union. Der Südpfälzer CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart, Obmann der Union im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, sagte der RHEINPFALZ: „Wird das deutsche Klimaschutzgesetz, wie von der FDP gefordert, aufgeweicht, drohen nach den europäischen Vorgaben bis 2030 Zahlungsverpflichtungen Deutschlands für Emissionszertifikate von je nach CO 2 -Preis fünf Milliarden bis 44 Milliarden Euro. Eine verantwortungsvolle Politik darf das nicht in Kauf nehmen.“