Fragen & Antworten Digitale Verwaltung: Mit einem Klick den Ausweis verlängern
Sieben Jahre nach einem ersten Anlauf der damals schwarz-roten Bundesregierung legt die Ampel ein neues Onlinezugangsgesetz (OZG) vor. Es soll digitale Behördengänge ermöglichen und nicht zuletzt die Verwaltung zu noch mehr Digitalisierung zwingen. Das Gesetz, das am Freitag im Bundestag verabschiedet wird, gilt als das bis dato größte Modernisierungsprojekt der öffentlichen Verwaltung in der Bundesrepublik.
Warum muss das erste Gesetz jetzt reformiert werden?
Nach dem ersten Onlinezugangsgesetz hätten Bund und Länder ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch online anbieten müssen. Dafür stellte der Bund 3,5 Milliarden Euro bereit. Das Ziel war, insgesamt 581 Behördenleistungen digital zugänglich zu machen, tatsächlich sind es bis heute lediglich 81. Weitere 96 sind teilweise online abrufbar. Der digitale Staat wurde somit weit verfehlt. Deutschland ist regelmäßig in europäischen und internationalen Vergleichen bezüglich der Bereitstellung digitaler Verwaltungsdienstleistungen weit abgeschlagen.
Warum wurden die Ziele verfehlt?
Ein großes Hindernis für die Digitalisierung der Verwaltung sind die vielen verschiedenen Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Ein weiterer Grund ist das nicht funktionierende Einer-für-alle-Prinzip: Dadurch, dass aktuell nicht auf Open Source gesetzt wird – also auf Software, die jeder für jeden Zweck nutzen und ändern kann –, entstehen teure Nachnutzungsgebühren und Vertragskosten mit Drittanbietern. Die Idee, dass ein Land eine Anwendung federführend entwickelt und die anderen Länder die digitale Dienstleistung nur noch „ausrollen“ müssen, ist also gescheitert. Zudem gab es keine Vorgabe für einheitliche Standards und Schnittstellen.
Was macht die Ampel jetzt anders?
Die Ampel hat auf dem Gebiet der Digitalisierung eine Großbaustelle von der vorherigen Bundesregierung geerbt und es sich zur Aufgabe gemacht, hier schnell aufzuholen. Der Bund wird nun verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren verbindliche Standards vorzugeben. Die Länder und Kommunen müssen sich an diese halten. Die Verwendung von Open-Source-Lösungen wird künftig den Regelfall darstellen. Das soll langfristig die Kosten senken und die Nachnutzung erleichtern. Für die wichtigsten Verwaltungsleistungen des Bundes wird den Bürgern künftig nicht nur ein einheitlicher digitaler Zugang angeboten, es müssen auch die innerbehördlichen Abläufe bis hin zur Übersendung von Bescheiden digital erfolgen. Die Pfälzer Grünen-Abgeordnete und Innenpolitikerin Misbah Khan sagte der RHEINPFALZ, nun sei ein Grundstein gelegt, damit die Digitalisierung auch bei den Bürgern ankomme. Weitere Maßnahmen würden folgen.
Was ändert sich für die Bürger?
Ähnlich wie beim Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz, erhalten alle Bürger einen Rechtsanspruch auf einen digitalen Zugang zum Staat. Er gilt allerdings erst ab 2029 und umfasst nur die Verwaltungsleistungen des Bundes. Das betrifft beispielsweise die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und der Rentenkassen oder die Punkteabfrage in Flensburg. Deutlich häufiger ist aber der Kontakt mit den Kommunalverwaltungen. Zuständig sind hier die Länder.
Die Kommunikation mit der Verwaltung soll künftig über ein zentrales Postfach ablaufen. Dabei setzt die Ampel auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und höchste IT-Sicherheitsstandards. Damit sollen die Daten besser vor möglichen Hackerangriffen geschützt werden.
Mit einem Datenschutzcockpit können die Bürger künftig die Zugriffe auf ihre Daten selbst und transparent verfolgen. Dadurch wird nachvollziehbar, welche Behörde, wann und warum Daten genutzt hat. Ähnliche Modelle haben sich etwa in Estland bewährt. „An oberster Stelle muss die Datensicherheit stehen“, betont der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Christian Baldauf auf Anfrage. Er begrüßt, dass die Bürger erstmals ein Recht darauf haben, Behördengänge online zu erledigen.
Wird der Staat jetzt digitaler?
Wie schnell die Fortschritte vor Ort ankommen, hängt auch von den zur Verfügung stehenden Mitteln ab. In der aktuellen Haushaltskrise ist das die größte Hürde. Außerdem gilt eine Einschränkung: Sollte es Leistungen geben, bei denen eine digitale Bereitstellung „technisch und rechtlich“ unmöglich ist, oder die kaum genutzt werden, können diese nicht eingeklagt werden.