Anschlag von Würzburg Die Suche nach dem Motiv geht weiter

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gedachte am Sonntag in Würzburg der Opfer des Angriffs.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gedachte am Sonntag in Würzburg der Opfer des Angriffs.

Nach dem tödlichen Messerangriff in Würzburg ist noch nicht klar, ob der Täter psychisch verwirrt handelte oder ein islamistisches Motiv hatte – oder ob beides zutrifft. Was wir wissen – und was nicht.

Die Tat:
Offensichtlich ohne jede Vorwarnung greift der Somalier am Freitag gegen 17 Uhr in einem Kaufhaus am Barbarossaplatz der bayerischen Stadt am Main Menschen mit einem langen Messer an. Auch in einer gegenüberliegenden Bank und auf der Straße attackiert er der Polizei zufolge Passanten, die er nach bisherigem Kenntnisstand wohl gar nicht kennt. Drei Frauen sterben durch die Stiche. Sieben Menschen werden verletzt.

Die Opfer:
Drei Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren sterben in dem Kaufhaus. Sie wohnten in Unterfranken. Zudem verletzt der Angreifer drei weitere Frauen (39, 52, 73), ein Mädchen (11) und einen Jugendlichen (16) lebensgefährlich mit dem Messer sowie einen Mann (57) und eine weitere Frau (26) leicht. Die Elfjährige ist die Tochter der getöteten 49-Jährigen.

Der mutmaßliche Täter:
Der Angreifer ist den Ermittlern zufolge 24 Jahre alt und hat die somalische Staatsbürgerschaft. Er ist seit etwas mehr als sechs Jahren in Deutschland. Zuletzt lebt er in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg. Er befindet sich legal auf der Grundlage eines Asylverfahrens in Deutschland, sagen die Behörden. Der Polizei war der Mann bereits vor der Attacke bekannt. Nach psychischer Auffälligkeit musste er kürzlich in psychiatrische Behandlung – zwangsweise, wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagt.

Die Ermittlungen:
Am Samstag übernehmen Landeskriminalamt und Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen von den örtlichen Behörden. Dies ist dann der Fall, wenn eine Amoklage vorliegt. Für einen klaren Terrorangriff wäre allerdings der Generalbundesanwalt zuständig.

Das Motiv:
Diese wohl drängendste Frage ist noch nicht beantwortet. „Es gibt jedenfalls Indizien dafür, dass es sich um einen islamistischen Anschlag handeln könnte“, sagt Innenminister Herrmann schon am Freitag. Er stützt dies auf die Aussage eines Zeugen, wonach der Verdächtige bei der Tat „Allahu Akbar“ (deutsch: „Gott ist groß“) gerufen habe. Aus Sicherheitskreisen hieß es am Samstag, der Mann habe bei seiner Vernehmung eine Äußerung gemacht, die auf religiösen Fanatismus schließen lasse. Ob dies aber das Hauptmotiv war oder ob der psychische Zustand des Mannes im Vordergrund stand, bleibt unklar. Dschihadisten und Salafisten benutzen den Ausdruck „Allahu Akbar“ oft wie einen Schlachtruf. Damit kapern die Extremisten die zentrale religiöse Formel des Islam. Terrorismusforscher Peter Neumann warnt vor einer vorschnellen Bewertung des Motivs. Wichtig sei etwa, wie intensiv und wie lange der Mann sich mit dschihadistischen Inhalten beschäftigt habe, ob er mit anderen hierüber gesprochen habe und in jüngster Zeit ein gesteigertes Interesse daran gehabt habe. „Ob der Attentäter von Würzburg ein ,Dschihadist’ war, ergibt sich aus den Antworten auf die zwei oben genannten Fragenkomplexe. Kurzum: Wir müssen uns gedulden, denn aufgrund bisheriger Informationen lässt sich die Frage (noch) nicht abschließend beantworten“, betonte Neumann auf Twitter.

Die Vorgeschichte:
Der Mann ist seit seiner Einreise nach Deutschland im Mai 2015 bereits mehrfach in Erscheinung getreten. Dabei soll er ein Messer geschwungen haben – dabei sei aber niemand verletzt worden, heißt es von der Polizei. Zuletzt habe er in psychisch angeschlagenem Zustand einen Verkehrsteilnehmer belästigt. Daraufhin sei der 24-Jährige in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen, aber nach einem Tag wegen fehlenden Behandlungsbedarfs entlassen worden.

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