Politik Die Grünen, der Plan und die Spinmeisterei

In Abwandlung eines Spruchs von Mark Twain: Berichte, dass es den Grünen glänzend geht, sind stark übertrieben. In Nordrhein-Westfalen sind sie aus der Regierung geflogen, im Saarland aus dem Landtag. Und die Glaskugelguckerei der Demoskopen verheißt für die Bundestagswahl auch nicht wirklich Erbauliches. Die Partei muss daher was tun. Also traten die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir vor die Presse. Zu verkünden hatten sie einen „Zehn-Punkte-Plan für grünes Regieren“. Ein Plan – das klingt gut, entschlossen und entschieden. Wovon der Plan kündet? Von einem „verbindlichen Angebot“ für die Wähler, sagen die Spitzenkandidaten unisono. Klimaschutz voranbringen, E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen, Landwirtschaft nachhaltig machen, Liebende heiraten lassen und so weiter und so fort. In der Tat ein Angebot. Wenn da die Sache mit dem Wahlprogramm nicht wäre. Denn das gibt es ja auch noch. Mit dem kleinen Haken, dass es noch gar nicht beschlossen ist und auf dem Parteitag ab dem 16. Juni in Berlin noch vielfältig verändert werden könnte. Noch mal der Journalistenversuch, hinter die Weisheit des Zehn-Punkte-Plans zu steigen: Formuliert der Plan vielleicht rote Linien für mögliche Koalitionsverhandlungen? Das nun auch nicht: „Das sind keine roten Linien, das sind Vorhaben, das sind Ziele“, sagt Göring-Eckardt. Seltsam. Bisher war der geneigte Wähler der Meinung, Ziele würden im Wahlprogramm formuliert und vom Parteitag abgesegnet. Obendrein verwirrt der Plan. Denn im Programmentwurf wird der Ausstieg aus der Kohle – ein grünes Herzensanliegen – bis zum Jahr 2037 fest terminiert. Im Zehn-Punkte-Plan ist von dieser Festlegung keine Rede mehr. Was gilt denn nun? Zunächst nichts. Denn der Plan wird, wie das Wahlprogramm, dem Parteitag vorgelegt. Die Delegierten können annehmen, ablehnen oder verändern. Was also zunächst wie ein ausgeklügelter Plan für grünes Regieren klang, entpuppt sich bei Lichte betrachtet als PR-Gag. Ja, so ist das im Wahlkampf: Es ist die hohe Zeit der „Spin-Doctorei“ (frei übersetzt: Spinmeisterei). Alles wird mit einem Dreh („spin“) versehen, auf dass es Aufmerksamkeit erregt und in hellstem Licht erstrahlt.

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