Meinung Die Bundeswehr steht vor großen Herausforderungen

Beim Feierlichen Gelöbnis aus Anlass des Jubiläums wandte sich am Donnerstag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Sold
Beim Feierlichen Gelöbnis aus Anlass des Jubiläums wandte sich am Donnerstag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Soldaten.

65 Jahre nach ihrer Gründung kämpft die Bundeswehr nicht nur gegen Personalmangel und fehlende Ausrüstung, sondern auch um mehr Rückhalt in der Bevölkerung.

Seit der Ernennung der ersten 101 Freiwilligen vor 65 Jahren ist die Bundeswehr einen weiten Weg gegangen. Dessen Marksteine sind stets auch bedeutende Momente in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewesen.

„Die Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 markierte für die junge Bundesrepublik den Aufbruch in eine eigenverantwortliche Zukunft und gleichzeitig das Ankommen im Kreis der Demokratien des Westens“, erinnert Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrem Tagesbefehl zum Jahrestag. Es folgten der Aufbau der Truppe zu einem Pfeiler der westlichen Bündnisverteidigung im Kalten Krieg und nach dem Ende der Systemkonfrontation schließlich die Eingliederung der Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR.

International genießt die Bundeswehr viel Ansehen

Ängste unserer europäischen Nachbarn vor einer Wiederkehr des deutschen Militarismus und Schlimmeren hat die Parlamentsarmee Bundeswehr nie geschürt, obwohl sie bis heute mit Rechtsextremen in der Truppe zu kämpfen hat. Die in den vergangenen Monaten bekannt gewordenen Fälle trüben hierzulande die Feierlaune. International ist die Bundeswehr jedoch ein angesehener Partner, von dem sich befreundete Staaten mehr Engagement auf der Welt wünschen.

Begonnen hat die in unserer Gesellschaft höchst umstrittene Ära der Auslandseinsätze deutscher Soldatinnen und Soldaten in den 1990er Jahren. Die Beteiligung an internationalen Missionen stellte die Truppe hinsichtlich Ausbildung und Ausrüstung vor völlig neue Herausforderungen, während sie einen rigiden Sparkurs zu verkraften hatte. Die Entsendung deutscher Soldaten auch in Einsatzgebiete fern von Europa folgte einer neuen Weltlage, die der frühere Verteidigungsminister Peter Struck mit den Worten zusammenfasste: „Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt.“

Die Anzahl der Auslandseinsätze wird wachsen

Heute ist die Bundeswehr bei wieder wachsendem Budget an mehr als einem Dutzend internationalen Missionen beteiligt, die vom Kosovo über Mali bis zum Irak zumeist der Stabilisierung und Ausbildung dienen. Künftig kommen absehbar weitere Auslandseinsätze auf die Bundeswehr zu: In Afrika und dem Nahen Osten schwelen zahlreiche Konflikte, die sich durch Dürren, Stürme oder Überschwemmungen noch verschärfen werden und neue Fluchtbewegungen in Richtung Europa auslösen können.

Der Klimawandel schafft zudem neue globale Spannungsregionen wie die Arktis. Die Bundeswehr dürfte aufgrund von Extremwetterlagen aber auch zunehmend zur Katastrophenhilfe im Inland ausrücken. Darüber hinaus werden die USA auch unter einem Präsidenten Joe Biden in der Nato Druck auf Deutschland ausüben, politisch, militärisch und damit auch finanziell etwa in Osteuropa, aber auch in fernen Weltregionen eine größere Verantwortung für die gemeinsame Sicherheit zu übernehmen.

Anhaltender Kampf um gesellschaftliche Akzeptanz

All das wird die bereits chronisch unter Personalmangel, fehlender Ausrüstung und einem chaotischen Beschaffungswesen leidende Truppe arg strapazieren. Gleichzeitig muss die Bundeswehr ihre Fähigkeiten, Waffensysteme und taktische Aufstellung modernisieren, um für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein: Dazu gehören Cyberkriege, von künstlicher Intelligenz gesteuerte Waffensysteme und eine Verlagerung irdischer Konflikte in den Weltraum.

All das kostet in den kommenden Jahrzehnten viel Geld und erfordert außer mutigen politischen Entscheidungen darüber, welche Rolle Deutschland im 21. Jahrhundert international spielen will, auch Rückhalt und Akzeptanz in der Gesellschaft für die Bundeswehr. Das allerdings ist ein Gut, um das die Truppe nach 65 Jahren noch immer kämpft.

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