Meinung Die AfD: Extrem und erfolgreich
Die AfD als Hort der Ewiggestrigen, der verbitterten alten weißen Männer? Wer das glaubt, irrt gewaltig und sollte einen Blick dorthin werfen, wo die Rechtsaußen-Partei am Sonntag in Sachsen und Thüringen besonders viele Stimmen eingesammelt hat. In beiden Ländern waren es nämlich überdurchschnittlich viele junge Menschen, die für die AfD stimmten; in Thüringen lag ihr Anteil in dieser Altersgruppe bei fast 38 Prozent.
Es gibt verschiedene Ursachen für diesen Rechtsruck – der einhergeht mit dramatischen Verlusten der Grünen bei Jungwählern. Das reicht vom geschickten Bespielen der sozialen Medien durch die AfD bis zum bei vielen jungen Menschen im Osten offenbar herrschenden Eindruck, dass die AfD doch eigentlich eine „normale“ Partei sei, an der man nichts (Rechts-)Extremes zu erkennen vermag.
Eine Mehrheit wählte die AfD aus Überzeugung
Schon deswegen sei davor gewarnt, den Höhenflug der AfD mit Verweis auf das vergleichsweise volatile Wahlverhalten im Osten als vorübergehende Erscheinung anzusehen in der Hoffnung, beim nächsten Mal werde schon wieder „richtig“ gewählt. Die AfD hat im Osten, nicht nur bei den Jungen, Fuß gefasst. Sie ist eine feste, derzeit entscheidende Größe im dortigen Parteienspektrum.
Das zeigt sich auch darin, dass die Mehrheit ihrer Wähler, anders als noch in früheren Jahren, die AfD mittlerweile aus Überzeugung wählt und nicht mehr in erster Linie, um den anderen Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Das heißt wiederum nichts anderes, als dass zumindest im Osten extremes Gedankengut und radikale Programmatik in einem Gutteil der Bevölkerung hoffähig sind.
Keine Tendenz zur Deradikalisierung erkennbar
Im internationalen Vergleich weist die AfD eine Besonderheit auf, die sie auch von wichtigen anderen extrem rechten Parteien in Europa unterscheidet. So hat der französische Rassemblement National seit den Zeiten seines Gründervaters Jean-Marie Le Pen eine Wandlung in Richtung einer gewissen Mäßigung und Verbürgerlichung durchgemacht. Diese Strategie der „Entteufelung“, die maßgeblich von Le Pens Tochter Marine vorangetrieben wurde, ist vor allem verbaler, in Teilen aber auch programmatischer Natur. Auch die postfaschistischen Fratelli d’Italia von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben sich der radikalsten Auswüchse entledigt.
Von einer solchen Tendenz zur Mäßigung und Deradikalisierung ist bei der AfD nichts zu spüren, im Gegenteil. Welchen Kurs die Partei seit ihrer Gründung vor einem guten Jahrzehnt genommen hat, zeigt sich exemplarisch an Björn Höcke: Der Thüringer Landesvorsitzende wurde als Vertreter des völkischen Flügels seiner Partei noch vor wenigen Jahren am äußersten rechten Rand der AfD verortet, gegen ihn wurde seinerzeit ein letztlich erfolgloses Parteiausschlussverfahren angestrengt. Höcke hat seinen extremistischen Überzeugungen niemals abgeschworen, darf gerichtsfest als „Faschist“ bezeichnet werden – und ist inzwischen ein Aushängeschild der AfD. Das Bemerkenswerte und zugleich Erschreckende: Die Partei ist mit dieser zunehmenden Radikalisierung erfolgreich; vor allem, aber eben nicht nur in Ostdeutschland. Für die Zukunft bedeutet das nichts Gutes.