Politik Das Stehaufmännchen der italienischen Politik
Der mehrmalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist auf die politische Bühne zurückgekehrt. Italien brauche ihn, lautet seine Begründung.
Die blauen Buchstaben nehmen die Hälfte des Partei-Emblems ein: „Berlusconi Presidente“ ist darauf in großen Lettern zu lesen. Der Name seiner Partei, Forza Italia, scheint da nur Beiwerk zu sein. Mit diesem Logo wirbt die Forza Italia dieser Tage um Wählerstimmen in Italien. Dass der Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi wegen einer Verurteilung gar nicht für ein politisches Amt kandidieren darf, scheint niemanden zu stören. „Berlusconi ist der Präsident der Partei, deshalb steht sein Name auf dem Logo“, lautet die Erklärung einer Person, die mit dem Wahlkampf betraut ist. Eine bewusste Irreführung des Wählers, der am 4. März über das neue Parlament und damit auch indirekt über den neuen Ministerpräsidenten zu entscheiden hat? Fehlinterpretation, heißt es. Berlusconi ist seit Wochen mal wieder omnipräsent. Der 81-Jährige tritt gestählter und gebräunter denn je auf, sein breites Lächeln strahlt weißer als das der meisten Hollywood-Stars. Vergessen sind die Sorgen, als sich der einstige Ministerpräsident im Juni 2016 einer Operation am offenen Herzen unterziehen musste. Berlusconi präsentiert sich als die letzte und einzige Rettung des Landes. Sein Feindbild: Nicht mehr die Kommunisten, sondern die Fünf-Sterne-Bewegung von Ex-Komiker Beppe Grillo. Sie ist derzeit in den Umfragen mit 27 Prozent die stärkste Partei. Berlusconis Forza Italia kommt auf etwa 18 Prozent. Doch im Zusammenschluss mit der rechten Lega und den noch weiter rechtsstehenden Fratelli d’Italia will Berlusconi alles tun, um diese „Sekte“, wie Berlusconi die Fünf-Sterne-Bewegung nennt, nicht an die Regierung kommen zu lassen. „Populistisch und rebellisch, attraktiv für Habenichtse“, lautet Berlusconis Sicht auf die Bewegung. Dabei kann sich der Milliardär, der sich mehr mit seinen legendären Bunga-Bunga-Partys und den zahlreichen Prozessen gegen ihn einen Namen gemacht hat als mit politischen Errungenschaften, das Wort „Populismus“ durchaus selbst auf die Fahnen schreiben. Im Wahlkampf verspricht er das Blaue vom Himmel: eine Flat Tax, also einen einzigen Steuersatz für alle, in Höhe von 23 Prozent, mehr Rente, vor allem für Mütter, und die Ausweisung von 600.000 Migranten, die, wie er sagt, illegal im Land und eine „soziale Bombe seien. Die offizielle Anzahl illegaler Migranten liegt bei 491.000, wovon viele seit Jahren in Italien leben und arbeiten. Berlusconi stellt die Geschichte gerne so dar, wie es ihm passt. So verkündet er in einem Fernsehinterview, dass Ex-Ministerpräsident und Wahlkampfwidersacher Matteo Renzi für die Flüchtlingskrise in Italien verantwortlich sei, da dieser schließlich das Dublin-Abkommen unterschrieben hätte. Die umstrittene Dublin-II-Regelung wurde jedoch im Jahr 2003 ratifiziert, unter Berlusconi. Viermal hat es Berlusconi ins Amt des Ministerpräsidenten geschafft: 1994, 2001, 2005 und 2008. Politisch und juristisch schwer angeschlagen trat er 2011 zurück. „Die Politik hat mich schon immer angeekelt. Aber ich spüre, dass Italien mich noch immer braucht“, begründet Berlusconi sein neuerliches Auftauchen auf der politischen Bühne. Wenn er schon nicht selbst kandidieren kann, will er doch zumindest die Geschicke des Landes aus dem Hintergrund lenken. Eine rechtskräftige Verurteilung wegen Steuerbetrugs ist Grund dafür, dass Berlusconi bis Ende 2019 für keine politischen Ämter kandidieren darf. Dennoch: Berlusconi könnte nach der Wahl eine entscheidende Rolle zukommen – die des Königsmachers. Sein Mitte-Rechts-Bündnis liegt in den Umfragen derzeit zwischen 36 und 38 Prozent. Für eine Regierungsmehrheit benötigt ein Bündnis oder eine Partei 40 Prozent. Innerhalb des Bündnisses ist die Forza Italia derzeit stärkste Kraft und hätte somit Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten. Berlusconi hat dafür bereits seinen Vertrauten, den derzeitigen Europaparlamentspräsidenten Antonio Tajani ins Spiel gebracht.