Kalender Das Brandenburger Tor: Wahrzeichen für Ost und West

Am Ende des Zweiten Weltkrieges war die Quadriga ziemlich mitgenommen: Ein Soldat hisst 1945 die sowjetische Fahne.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges war die Quadriga ziemlich mitgenommen: Ein Soldat hisst 1945 die sowjetische Fahne.

Nach dem Krieg ließ Berlin sein Wahrzeichen wiedererstehen – und Ost- und Westteil arbeiteten dabei zusammen. Die mit der Bundesrepublik verbundene Hälfte der Stadt kümmerte sich dabei besonders um die Wiederherstellung der Quadriga, die Skulptur oben auf dem Tor.

Berlin ohne Brandenburger Tor? Undenkbar. Das war nach dem Krieg auch den Regierenden in der geteilten Stadt klar. Das Wahrzeichen lag in der Sowjetischen Zone, vom Westteil der Stadt unerreichbar konnte man nur einen Blick darauf werfen. Die Wunden der alliierten Bombenangriffe während der Schlacht um Berlin waren weithin sichtbar. Das Tor war schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Kaum noch zu erkennen war die Quadriga, das Vierergespann mit der Siegesgöttin Viktoria auf dem First. Die seitlichen Torhäuser wiesen starke Brandschäden auf.

Es dauerte allerdings fast ein Jahrzehnt, bis nach Kriegsende der Wiederaufbau des Brandenburger Tors beschlossen wurde. Zunächst mussten in der Stadt die dringlichsten Kriegsschäden beseitigt und Wohnraum geschaffen werden. Am 21. September 1956, heute vor 64 Jahren, beschoss der Ost-Berliner Magistrat, dass der 1793 im frühklassizistischen Stil vollendete Triumphbogen wieder in seinem alten Glanz erstrahlen sollte – mit der Hilfe des Westens.

Im Landesarchiv Berlin findet sich noch die damalige Presseerklärung über den Plan „zur Verschönerung des demokratischen Berlins“. Erster Punkt: „Die Wiederherstellung des Brandenburger Tores entsprechend der ursprünglichen städtebaulichen Vorstellung seines Baumeister Langhans, was bedeutet, dass die Bebauung zu beiden Seiten des Tores Grünflächen weichen und der Verkehr darum herumgeleitet werden muss.“ Dieses Vorhaben, so heißt es weiter, werde sicher „von der Bevölkerung der ganzen Stadt lebhaft begrüßt werden“. Die Zusammenarbeit mit West-Berlin ergab sich zwangsläufig. Denn im Westen lagerten die 1942 gefertigten Gipsformen der Quadriga, mit denen Abgüsse hergestellt werden konnten.

Allerdings reagierte der West-Berliner Senat zunächst zerknirscht. Denn schon seit über fünf Jahren hatte man auf die Restaurierung des Brandenburger Tores gedrängt, insbesondere bat man Ost-Berlin, die Quadriga zur Vermeidung weiterer Beschädigung sorgfältig herunter zu nehmen. Leider sei die markante Skulptur „vom Tor gestürzt und zerstört worden, so wie das Berliner Schoss dem Erdboden gleichgemacht wurde“, erboste sich der damals kommissarische West-Berliner Regierende Bürgermeister Franz Amrehn (CDU) über „diese tiefbedauerlichen Vorgänge“. In der Folge übernahm West-Berlin die komplette Neuherstellung der Quadriga und übergab sie fertig, sobald das Brandenburger Tor wiedererstanden war – allerdings zu DDR-Zeiten ohne Preußenadler und Eisernes Kreuz.

Kein anderes deutsches Bauwerk ist symbolisch so aufgeladen wie das Ensemble am Ende des Boulevards Unter den Linden. Napoleon rückte 1806 nach der Niederlage Preußens durch das Tor in die Stadt ein, später paradierten die siegreichen preußischen Truppen durch den monumentalen Sandsteinbau, bis 1933 die Nationalsozialisten dort mit einem Fackelzug die Machtergreifung feierten. 1945 hissten die Sowjets auf dem zerschossenen Wahrzeichen die rote Fahne, und 1953 zogen beim Volksaufstand die Ostberliner Arbeiter durch das Tor.

Viele Jahre war es im Niemandsland das Symbol der deutschen Teilung. Die DDR-Mauer trennte das Brandenburger Tor vom benachbarten westdeutschen Reichstag. Seit dem 22. Dezember 1989 ist das Tor für Fußgänger wieder passierbar.

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