Politik Brüssel will Google & Co. zur Kasse bitten
«Brüssel.» Die EU-Kommission schlägt eine Digitalsteuer vor, über die die Mitgliedstaaten Einnahmen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro im Jahr erzielen könnten. Dazu peilt Brüssel für weltweit agierende Internet-Unternehmen einen Systemwechsel an.
In der internationalen Steuergesetzgebung werden üblicherweise die erzielten Gewinne eines Unternehmens besteuert. Große Internet-Konzerne wie etwa Google, Amazon und Apple aber betreiben ihre Geschäfte von einem zentralen Ort – meist an der US-Westküste – für die gesamte Welt. In der EU haben sie keine nennenswerten Betriebsstätten, wo die Gewinne anfallen. Daher sollen künftig Umsätze besteuert werden. Die EU-Kommission schlägt einen Steuersatz von drei Prozent vor. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici begründet den Vorstoß so: „Unsere Steuervorschriften stammen aus der Zeit vor dem Internet und erlauben es den Mitgliedstaaten nicht, in Europa tätige Digitalunternehmen zu besteuern.“ Die EU-Kommission will zweistufig vorgehen. Zunächst soll für den Übergang die Besteuerung von Umsätzen greifen. Die Steuer auf den Umsatz in Höhe von drei Prozent sollen etwa Suchmaschinenbetreiber wie Google oder soziale Netzwerke wie Facebook und andere bezahlen, wenn sie Werbung verkaufen. Auch Vermittlungsplattformen wie Airbnb oder Ebay, die digital Geschäfte anbahnen sowie Dienstleistungen und Verkäufe ermöglichen, sollen besteuert werden. Die Steuern würden von den Mitgliedstaaten erhoben, wo die Nutzer ansässig sind. Die EU-Kommission schlägt Grenzwerte vor, durch die lediglich 120 bis 150 Unternehmen weltweit von der neuen Steuer betroffen wären. Nur Digital-Unternehmen, die weltweit 750 Millionen Euro im Jahr Gewinn machen sowie 50 Millionen Euro Gewinn in der EU, sollen zahlen. So sei sichergestellt, dass Start-ups und aufstrebende Unternehmen nicht getroffen würden. Moscovici lässt erkennen, dass die Kommission die Besteuerung von Umsätzen nur für eine Notlösung hält. „Das ist der einfachste Weg. Wenn wir kurzfristig Erfolge haben wollen, müssen wir so handeln.“ Langfristig, und das ist die zweite Stufe des EU-Vorschlags, sollen die Körperschaftsteuer-Vorschriften in der EU reformiert werden. Dafür will die Kommission die Definition für ein Unternehmen erweitern. Künftig soll es im Steuerrecht auch eine „digitale Präsenz“ geben. Bislang werden Unternehmen nur dann in der EU besteuert, wenn sie eine Niederlassung mit Büros, Mitarbeitern und womöglich Produktionsstätten in Europa haben. Künftig will die EU-Kommission Plattformen, die anderswo in der Welt ansässig sind, aber in der EU über Geschäftstätigkeit im Netz eine digitale Präsenz haben, Körperschaftsteuer abverlangen, wenn eines von drei Kriterien erfüllt ist: Das Unternehmen muss im Jahr in einem Mitgliedstaat mehr als sieben Millionen Euro Gewinn erwirtschaften, mehr als 100.000 Nutzer haben oder mehr als 3000 Verträge mit gewerblichen Nutzern abschließen. Die Vorschläge der EU-Kommission kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Durch die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzölle auf Stahl und Aluminiumimporte und die Ankündigung von Gegenmaßnahmen durch die EU sind die transatlantischen Handelsbeziehungen schwer belastet. Nach Auskunft der Kommission hat die Hälfte der Unternehmen, die die Digitalsteuer zahlen müssten, ihren Sitz in den USA. Als Nächstes müssen das Europa-Parlament und die 28 EU-Mitgliedsstaaten dem Gesetzespaket zustimmen. Einige Länder haben bereits Widerstand signalisiert.