Ukraine-Krieg Baerbock spricht von „Zivilisationsbruch“

Außenministerin Baerbock hat Russland vorgeworfen, „Kälte als Kriegswaffe“ zu verwenden.
Außenministerin Baerbock hat Russland vorgeworfen, »Kälte als Kriegswaffe« zu verwenden.

Es ist eine Formulierung, die aufhorchen lässt: Die deutsche Außenministerin nutzt für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine einen Begriff, der oft für den Holocaust verwendet wird.

Die Nato rechnet in den kommenden Monaten mit verstärkten russischen Angriffen auf die Ukraine und will deshalb ihre Winterhilfe für Kiew aufstocken. Präsident Wladimir Putin wolle „den Winter als Kriegswaffe“ einsetzen, sagte Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag beim Außenministertreffen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. „250 Kilometer von hier beginnt der russische Terror“, betonte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Als Beispiele für Hilfe für die Ukraine nannte der Norweger Stoltenberg Unterstützung bei der Reparatur von zerstörten Gas- und Elektrizitätsnetzen sowie die Lieferung von Munition, Ersatzteilen und zusätzlichen Flugabwehrsystemen. Es müsse sichergestellt werden, dass Raketen und Drohnen abgefangen werden könnten, sagte er. An diesem Mittwoch kommt Stoltenberg für zwei Tage zu Gesprächen nach Berlin. Dabei wird es auch um weitere deutsche Unterstützung nach mehr als neun Monaten Krieg gehen.

„Bruch der Zivilisation“

Nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock wird derzeit unter anderem geprüft, ob für die Notversorgung der Ukraine mit Strom Zugtechnik genutzt werden kann. Man zerbreche sich den Kopf, wie man Generatoren aus Eisenbahnloks ausbauen und dann mit Lastwagen oder Zügen in die Ukraine transportieren könne, sagte die Grünen-Politikerin in der rumänischen Hauptstadt. Das Land brauche große Generatoren, um die Leistung der zerbombten Kraftwerke zu ersetzen. Neben Geld sei auch „jegliche Kreativität“ gefragt.

Den russischen Angriffskrieg gegen das Nachbarland beschrieb Baerbock als „Bruch der Zivilisation“ – ein Begriff, der oft als Beschreibung für den Holocaust gebraucht wird, die nahezu weltweit gebräuchliche Bezeichnung für den Völkermord an Europas jüdischer Bevölkerung durch die Nationalsozialisten mit etwa sechs Millionen Toten.

G7 für Ermittlungen zu Völkerstraftaten

Unterdessen haben sich die Justizminister der G7-Staaten in Berlin dafür ausgesprochen, zur besseren Verfolgung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine ein Netzwerk von nationalen Kontaktstellen für Ermittlungen zu Völkerstraftaten einzurichten. An diese sollen sich internationale Organisationen und andere Staaten wenden können. Dazu hätten sich die sieben führenden Industriestaaten (G7) verpflichtet, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Dienstag nach dem Treffen. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der G7 inne. Zur G7-Gruppe gehören neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA.

Auch die Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland seien dazu aufgerufen, „uns zu berichten, was sie gesehen haben“, betonte Buschmann. Die klare Botschaft an die Welt sei: „Kriegsverbrecher sollen und dürfen und können sich nirgendwo sicher fühlen, wo wir sie ergreifen können“, sagte der deutsche Justizminister weiter. Ihnen werde der Prozess gemacht. „Kein Kriegsverbrechen darf ungesühnt bleiben.“

Buschmann will auch Kremlspitze belangen

Buschmann sagte, die Position der Bundesregierung sei es, so weit wie möglich mit dem Internationalen Strafgerichtshof in den Haag zu arbeiten. Es herrsche „große Einigkeit“, dass auch die „russische Führungsebene“ belangt werden müsse. Für nationale Ermittlungsbehörden gebe es allerdings Grenzen, etwa bei Staatsoberhäuptern. Diese Grenzen gälten jedoch nicht für den Internationalen Strafgerichtshof. Er setze darauf, dass dort wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen die russische Führung ermittelt werde, sagte Buschmann. Allerdings treibe es ihn um, dass der Internationale Strafgerichtshof nicht für das Verbrechen der Aggression zuständig sei.

Russland war im Februar in die Ukraine einmarschiert. Nach anfänglichen Gebietsgewinnen mussten sich die russischen Soldaten in den vergangenen Wochen aus immer mehr Regionen zurückziehen. Nach ihrem Rückzug wurden unter anderem Massengräber sowie Hinweise auf Folter und weitere Gräueltaten gefunden. Zuletzt bombardierte Russland gezielt kritische Infrastruktur in ukrainischen Städten, was zu massiven Ausfällen in der Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung führte.

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