Kalender Babyklappe: Letzter Ausweg für verzweifelte Mütter

Eine Babyklappe des Hamburger Vereins Sternipark.
Eine Babyklappe des Hamburger Vereins Sternipark.

Überforderung, Vergewaltigung, verdrängte Schwangerschaft oder gewalttätige Väter – es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen ihr Baby anonym weggeben.

Das Baby ist gerade mal zwei Tage alt, als seine Mutter es in die Babyklappe legt. Den Brief, in dem verzweifelten Frauen Hilfsangebote aufgezeigt werden, lässt sie auf dem Bettchen in der Stahlklappe liegen. Auch das Stempelkissen, mit dem zur Erinnerung an das Baby ein Handabdruck genommen werden kann, bleibt unberührt. Die Mutter legt ihre Tochter, die später von den Pflegeeltern den Namen Ronja erhält, ab und verschwindet. Das ist jetzt 20 Jahre her.

Toter Säugling zwischen Altpapierbergen

Der Jugendhilfeverein Sternipark in Hamburg eröffnete am 8. April 2000 die erste Babyklappe in Deutschland , nur wenige Schritte vom Hamburger Bahnhof Altona entfernt. Auslöser dafür war der Fund eines toten Säuglings zwischen Altpapierbergen in einer Recyclinganlage im November 1999. Der kleine Junge war in jenem Jahr das vierte Neugeborene in Hamburg, das ausgesetzt oder getötet worden war. Das öffentliche Entsetzen war groß, ebenso die Bereitschaft, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Überforderung, Vergewaltigung, verdrängte Schwangerschaft, gewalttätige Väter – es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen ihr Baby weggeben. Bundesweit bieten etwa 100 Babyklappen verzweifelten Müttern an, ihr Neugeborenes anonym und straffrei abzugeben. Das Prozedere ist überall ähnlich: Sobald sich die Klappe öffnet und ein Baby in das dahinter stehende Wärmebett gelegt wird, wird ein Alarm ausgelöst. Innerhalb weniger Minuten sind Helfer vor Ort, die sich um den Säugling kümmern.

Sieben Kinder im Ludwigshafener Babykorb

Bis Anfang dieses Jahres befand sich auch am Ludwigshafener Marienkrankenhaus eine solche Einrichtung. 2001 wurde der Babykorb in Betrieb genommen. Wegen einer Baumaßnahme ist er vorübergehend abgebaut worden. Sieben Kinder wurden bislang dort abgelegt. Der Babykorb ist nicht als Abgabestation konzipiert. Er sei nur ein Element der Hilfen, die das Marienkrankenhaus mit dem Stadtjugendamt, den Jugendämtern in der Region und Wohlfahrtsverbänden anbietet, so Katja Hein, Pressesprecherin des Krankenhauses.

Zum Programm „Guter Start ins Kinderleben“ zählt auch die vertrauliche Geburt, die in Deutschland seit 2014 möglich ist. Unter ärztlicher Begleitung können Frauen entbinden und ihr Kind dann zur Adoption freigeben. Im Gegensatz zu Kindern aus der Babyklappe, die kaum eine Chance haben, ihre leibliche Mutter kennenzulernen, ist das bei der anonymen Geburt anders. Hierbei werden der Name der Mutter, Geburtsdatum und Anschrift in einem mit einem Pseudonym gekennzeichneten versiegelten Umschlag beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufbewahrt. Wenn das Kind 16 Jahre alt ist , kann es den Namen der leiblichen Mutter erfahren.

Was passiert mit den in der Babyklappe zurückgelassenen Babys? Um die abgegebenen Kinder kümmern sich zunächst Pflegefamilien, bis entweder Adoptiveltern gefunden werden oder sich die leiblichen Eltern melden. Acht Wochen haben Mutter oder Vater Zeit, ihr Kind zurückzuholen. Das kommt durchaus vor.

Jubiläumskalender

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IE RHEINPFALZ feiert 2020 ihren 75. Geburtstag. In unserem Jubiläumskalender erinnern wir jeden Tag an ein besonderes Ereignis oder eine ungewöhnliche Geschichte aus den vergangenen 75 Jahren.
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