Handelsabkommen Auch die Grünen finden Ceta jetzt gut

2016 wurde in Wolfsburg vor dem dortigen Parteikonvent der SPD noch gegen das Handelsabkommen mit Kanada demonstriert.
2016 wurde in Wolfsburg vor dem dortigen Parteikonvent der SPD noch gegen das Handelsabkommen mit Kanada demonstriert.

Das Ceta-Abkommen soll für mehr Handel der Europäer mit Kanada sorgen. Lange waren die Grünen dagegen, nun stimmen aber auch sie im Bundestag zu. Doch noch sind nicht alle in der EU an Bord.

Nach jahrelangen Debatten hat der Bundestag einer Ratifizierung des umstrittenen EU-Handelsabkommens mit Kanada zugestimmt. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach am Donnerstag von einem wichtigen Schritt: „Wir brauchen mehr Freihandel mit den Demokratien dieser Welt.“ SPD-Fraktionsvizechefin Verena Hubertz sagte, das Abkommen werde den Handel deutlich erleichtern und dafür sorgen, dass Zölle und Handelshemmnisse wegfielen.

Ceta ist seit September 2017 vorläufig in Kraft – allerdings nur in den Bereichen, für die allein die EU zuständig ist und nicht die EU-Mitgliedstaaten. Die anderen Teile – etwa zu Investitionsschutz und Investitionsgerichtsbarkeit – liegen auf Eis, bis die Ratifizierung abgeschlossen ist. In der Europäischen Union fehlt noch die abschließende Zustimmung aus mehreren Staaten, darunter ist Deutschland. Die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland hatte sich bereits zuvor über die Abstimmung begeistert gezeigt. Sie lobte Ceta auf Twitter als großartiges und fortschrittliches Abkommen.

„Missbräuchliche Klagen sind Geschichte“

Die Grünen waren lange gegen Ceta. Im Programm zur Bundestagswahl 2021 hieß es, die Partei werde das Abkommen in seiner „jetzigen Fassung“ nicht ratifizieren. Das Abkommen solle gemeinsam mit Kanada weiterentwickelt und neu ausgerichtet werden. Diese Ziele sehen die Grünen nun erreicht, wie Fraktionschefin Katharina Dröge deutlich machte. Gemeinsam mit der EU und Kanada habe man es geschafft, „missbrauchsanfällige“ Standards beim Investitionsschutz zu reformieren. Missbräuchliche Klagen gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit seien Geschichte. Auf den Weg gebracht wurde eine „Interpretationserklärung“ eines gemeinsamen Ceta-Ausschusses.

Der Linke-Abgeordnete Bernd Riexinger bezeichnete die Ratifizierung indes als großen Fehler. Hunderttausende Menschen hätten gegen das Abkommen protestiert. Die Grünen redeten sich Ceta schön – es gebe weiter Sonderrechte für internationale Konzerne. Greenpeace-Handelsexpertin Lis Cunha beispielsweise sagte: „Das Abkommen schützt fossile Konzerne statt das Klima.“ BUND-Geschäftsführerin Antje von Brook kritisierte, die Ampel ebne den Weg für eine Sondergerichtsbarkeit von Konzernen – außerhalb der normalen Zuständigkeit von Gerichten. Investorenrechte würden über den Schutz von Umwelt, Klima und Verbrauchern gestellt. „Auch über Zusatzerklärungen lassen sich schädliche Teile des Abkommens wie der Investitionsschutz nicht verbessern.“

Weitere Abkommen avisiert

Die Wirtschaft hingegen lobt das Abkommen. Industriepräsident Siegfried Russwurm sprach von einem überfälligen Schritt. Das Handelsvolumen sei seit der vorläufigen Anwendung deutlich gestiegen. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte, es müssten nun weitere wichtige EU-Handelsabkommen vorangebracht werden, etwa mit dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur oder mit Indien. Abkommen wie Ceta würden insbesondere Mittelständlern helfen, Märkte zu erschließen, Lieferketten breiter aufzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen voranzubringen. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will, dass sich deutsche Unternehmen international breiter aufstellen – um einseitige Rohstoffabhängigkeiten etwa von China zu verhindern.

Die Ceta-Ratifizierung ist Teil einer Einigung der Koalition über eine Neuausrichtung der Handelspolitik. Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) sagte, es gehe um Handel und Klimaschutz – mit Betonung auf „und“. Zur Einigung gehört auch der Austritt Deutschlands aus einem umstrittenen internationalen Abkommen, dem Energiecharta-Vertrag, bei dem es vor allem um fossile Energie geht. Das wollten vor allem die Grünen.

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