Stichwort An was die Zeugen Jehovas glauben

Der Hauptsitz von Jehovas Zeugen in Deutschland in Berlin. JW ist die englische Abkürzung.
Der Hauptsitz von Jehovas Zeugen in Deutschland in Berlin. JW ist die englische Abkürzung.

Die christlichen Kirchen kritisieren eine „Zweiklassengesellschaft“ unter den Anhängern

Die von dem Amoklauf in Hamburg betroffenen Zeugen Jehovas sind seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland aktiv. Zunächst trat die in den USA 1870 entstandene Gruppierung unter der Bezeichnung „Bibelforscher“ auf, seit 1931 heißt die Religionsgemeinschaft weltweit Zeugen Jehovas. Ihre bekannteste Publikation ist der „Wachtturm“.

In Deutschland gibt es nach Angaben der Gruppierung 176.000 Zeugen Jehovas, die ihren Glauben in 884 Königssaalgebäuden – so werden die Kirchen genannt – praktizieren. Von den großen christlichen Kirchen werden die Zeugen Jehovas sehr kritisch gesehen, obwohl diese sich selbst auch als christlich ansehen. Der Umgang mit Text und Glauben unterscheidet sich aber deutlich. So haben die Zeugen Jehovas eine eigene Bibelübersetzung, in der Gott Jehova heißt – im Urtext der Bibel gibt es diese Bezeichnung nicht. Die Dreifaltigkeit (Gott, Sohn, Heiliger Geist) lehnen die Zeugen Jehovas ab.

Feste wie Weihnachten gelten als heidnisch

Da sie selbst auch andere Kirchen ablehnen, gibt es für die Zeugen Jehovas keine Ökumene (Zusammenarbeit von Christen in aller Welt). Feste wie Weihnachten oder Geburtstage lehnt die Gruppierung als heidnisch ab. Ihrem eigenen Glauben nach kann eine begrenzte Anzahl von 144.000 Menschen nach deren Tod in den Himmel kommen und dort mit Jesus eine Weltregierung bilden. Dies sind für die Zeugen Jehovas Menschen mit himmlischer Hoffnung – andere Gläubige haben demzufolge eine irdische Hoffnung. Kritiker auch in den Kirchen sprechen daher von einer Zweiklassengesellschaft im Glauben.

Eine rechtliche Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts in allen Bundesländern haben die Zeugen Jehovas in Deutschland erst seit 2017. Dem ging ein jahrelanger Rechtsstreit voraus, in dem ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 wegweisend wurde. Die Karlsruher Richter entschieden damals, dass die Zeugen Jehovas rechtstreu sind – eine wesentliche Voraussetzung für die staatliche Anerkennung, die etwa mit dem Recht zum Einzug der Kirchensteuer verbunden ist.

Staat wird nur geduldet

Die Zeugen Jehovas erwarten, dass ihre Anhänger weder aktiv noch passiv an Wahlen teilnehmen. Außerdem sehen sie den Staat als „Bestandteil des Weltsatans“. Dies sah das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht als Widerspruch zur Rechtstreue, da die Zeugen Jehovas gleichzeitig den Staat als „von Gott geduldete Übergangsordnung“ akzeptieren. Die Nichtteilnahme an Wahlen ist für Karlsruhe ebenfalls von der Verfassung gedeckt.

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