Südwest Zahl der Toten im Ahrtal steigt weiter

Nach der Flut-Katastrophe in Rheinland-Pfalz
Anwohner und Ladeninhaber versuchen, ihre Häuser vom Schlamm zu befreien und unbrauchbares Mobiliar nach draußen zu bringen.

Auch drei Wochen nach der Flutkatastrophe werden an der Ahr noch 17 Menschen vermisst. Bei der Hilfe wollen sich Bund und Land enger mit den Kommunen austauschen.

Bad Neuenahr-Ahrweiler (dpa/lrs) - Die Zahl der Menschen, die bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal ums Leben kamen, ist auf 141 gestiegen. 115 Tote seien identifiziert, sagte Florian Stadtfeld vom Polizeipräsidium Koblenz am Mittwoch in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Weiterhin vermisst würden 17 Menschen. Am Dienstag hatte die Zahl der Toten noch 139 betragen.

Extremer Starkregen hatte am 14. und 15. Juli an der Ahr im Norden von Rheinland-Pfalz eine Flutwelle ausgelöst und weite Teile des Tals unter Wasser gesetzt. Rund 42.000 Menschen sind von den Folgen des Hochwassers betroffen.

Nach einem Offenen Brief der Verbandsgemeinde Altenahr an die Bundes- und Landesregierung soll es einen engeren Austausch mit den Kommunen im Katastrophengebiet geben. Dazu wollen Kanzleramtsminister Helge Braun und der Chef der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Fabian Kirsch, am Mittwoch kommender Woche mit Landräten und Bürgermeistern zusammentreffen, wie eine Regierungssprecherin in Berlin mitteilte.

Viele Forderungen des Offenen Briefs vom 31. Juli seien bereits umgesetzt oder auf dem Wege der Umsetzung, antwortete der Mainzer Staatskanzleichef Kirsch. In einer auch dem SWR vorliegenden Stellungnahme hieß es: «Der Bund hat Hilfen zugesagt, das Land Soforthilfen beschlossen und ein Spendenkonto eingerichtet, erste Auszahlungen laufen.» Im Innenministerium in Mainz koordiniere ein Wiederaufbaustab die Arbeiten. Die finanzielle Absicherung über einen «Nationalen Wiederaufbaufonds» stehe dann am 10. August auf der Tagesordnung der Ministerpräsidenten.

Bei der Staatsanwaltschaft Koblenz sind bisher auf einer eigens eingerichteten E-Mail-Adresse 25 Hinweise zur Flutkatastrophe eingegangen. Diese seien «zum überwiegenden Teil sehr wertvoll», wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte. Momentan prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie nach der Flutkatastrophe ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung einleitet. Ermittelt werde erst, wenn das Ergebnis der Prüfung den Anfangsverdacht bejahe. Im Raum stehen möglicherweise verspätete Warnungen und Evakuierungen.

Die Flutkatastrophe hat in der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft Schäden von etwa 220 Millionen Euro verursacht. Diese Schätzungen der Länder nannte am Mittwoch das Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin. Wegen der starken Zerstörungen in Weinbaubetrieben ist das Ausmaß in Rheinland-Pfalz weitaus größer als in Nordrhein-Westfalen, wo die Schäden in der Landwirtschaft bislang mit 52 Millionen Euro beziffert werden.

Allein in den Weinbaubetrieben an der Ahr wurden demnach Schäden von 110 Millionen Euro verursacht, bei den Winzergenossenschaften an der Ahr sind es rund 50 Millionen Euro. Die Verluste im Weinbau reichen von Gebäuden und Technik bis zu umfangreichen Beständen an Wein der vergangenen Jahrgänge.

In Mainz begannen Restauratoren mit der Säuberung von archäologischen Objekten aus dem überfluteten Depot des Stadtmuseums Ahrweiler. Insgesamt trafen einige hundert Sammlungsstücke im Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM) ein, das als Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie langjährige Erfahrungen in Restaurierungen hat. Die Aufgabe bestehe vor allem im Dokumentieren, Säubern und Trocknen der Objekte, sagte RGZM-Koordinatorin Christiane Nowak-Lipps am Mittwoch. Danach gehe es darum, die Stücke für eine Zwischenlagerung vorzubereiten.

© dpa-infocom, dpa:210804-99-707955/3

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