Rheinland-Pfalz Was tun bei Gewalt gegen Männer?

Wie viele Männer Opfer häuslicher Gewalt sind, ist unklar.
Wie viele Männer Opfer häuslicher Gewalt sind, ist unklar.

Von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen können sich in Frauenhäuser retten. Für Männer gibt es keine vergleichbaren Angebote. In Rheinland-Pfalz soll sich jetzt etwas ändern.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung will die Hilfe für Männer, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, verstärken. Die Polizeiliche Kriminalstatistik von Rheinland-Pfalz habe im vergangenen Jahr 1691 Männer als Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen registriert, so das Familienministerium in Mainz. Dies seien 20,5 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt.

In den 18 Interventionsstellen des Landes wurden im Jahr 2020 den Angaben zufolge 129 von Gewalt betroffene Männer beraten, 2019 waren es 107. Um solche Männer zu unterstützen, will das Ministerium die Beratungsstelle „Safe“ in Mainz fördern. Mit einem auf drei Jahre angelegten Pilotprojekt soll unter anderem herausgefunden werden, welche weiteren Hilfsangebote im Land gebraucht werden. Dafür würden zunächst in diesem Jahr 41.300 Euro für eine halbe Personalstelle und Sachkosten bereitgestellt. Eine Männerschutzwohnung entsprechend der Frauenhäuser gibt es in Rheinland-Pfalz bislang nicht. Ob sich hier etwas ändern muss, soll ebenfalls die Beratungsstelle „Safe“ ermitteln. Darüber hinaus will sich das Land in Baden-Württemberg über das von diesem Bundesland, Nordrhein-Westfalen und Bayern geförderte „Männerhilfetelefon“ informieren.

Ohrfeigen, Tritte und Erniedrigungen

Die Pilot-Beratungsstelle „Safe“ in Mainz habe seit ihrer Eröffnung im Mai vergangenen Jahres 34 Männer im Alter von 22 bis 66 Jahren beraten, berichtet der Berater und Paartherapeut Bernd Seifried. Die Männer hätten Ohrfeigen, Tritte, Boxhiebe, Erniedrigungen und Psychoterror ertragen oder seien mit Gegenständen beworfen worden. In 32 Fällen seien Frauen die Täterinnen gewesen, in einem Fall der gleichgeschlechtliche Partner, einmal der Vater.

Die betroffenen Männer seien zwar meist körperlich stärker als ihre Frauen, hätten aber eine moralische Hemmung, sich zu wehren, so Seifried. Sie würden Angriffe lange erdulden, würden passiv, depressiv und vereinsamten. Für viele komme eine Trennung nicht infrage. Sie wollten die Kinder nicht allein ihrer Frau überlassen, die auch ihnen gegenüber keine Impulskontrolle habe, oder seien arbeitslos und von ihrer Frau materiell abhängig. Solche Gewaltbeziehungen könnten über Jahre andauern.

Polizei wird erst spät eingeschaltet

Die Polizei wird meist erst von einem der Partner oder Nachbarn gerufen, wenn der Konflikt eskaliert. Vorteilhaft findet der Berater, dass die Polizei in Rheinland-Pfalz die Betroffenen fragt, ob sie ihre Adresse an Beratungsstellen weitergeben darf. „Safe“ helfe den Klienten, sich „auszukotzen“, ihre Probleme zu sortieren und Handlungsmöglichkeiten zu entdecken, erklärt Seifried. Viele seien erleichtert, endlich über das Erlittene reden zu können.

In Rheinland-Pfalz gibt es laut Sei-fried keine Männerschutzwohnung, Bedarf bestehe aber. Die Beratungsstelle habe mit einem kirchlichen Träger vereinbart, in akuten Notfällen eine Wohnung zwei Wochen lang nutzen zu dürfen.

Nachbarland sieht keinen Handlungsbedarf

Die hessische Landesregierung hingegen sieht über die bestehenden Beratungsstellen hinaus keinen Hilfebedarf für Männer als Opfer häuslicher Gewalt. Bisher gebe es keine Erkenntnisse, ob ein Netz an Schutzeinrichtungen nötig sei, teilte das Ministerium mit. Die Kriminalstatistik weise nicht auf eine entsprechende Gefährdung von Männern hin. Männer könnten eine der 32 Männerberatungsstellen im Land aufsuchen, sich an die Opferhilfe oder Familien- und Eheberatungsstellen wenden. Auch in Hessen gibt es keine Männerschutzwohnung.

Info

Beratungsstelle Mainz: safe-mainz.de. Überregionale Hilfen: www.maennerhilfetelefon.de; www.maennergewaltschutz.de; www.maennerberatungsnetz.de

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