Rheinland-Pfalz Vorderpfalz: Plastikmüll auf Feldern bedroht Störche

Eine Momentaufnahme von einem Storchennest im südlichen Rhein-Pfalz-Kreis: Der Altvogel bietet seinem Nachwuchs einen Gummiring
Eine Momentaufnahme von einem Storchennest im südlichen Rhein-Pfalz-Kreis: Der Altvogel bietet seinem Nachwuchs einen Gummiring als Futter an.

Felder voller Plastikmüll und Störche, die diesen Abfall an den Nachwuchs verfüttern, weil sie ihn mit Nahrung verwechseln: Vogelschützer haben am Dienstag „skandalöse Zustände“ im vorderpfälzischen Gemüseanbaugebiet angeprangert.

Mainz: Die Mitglieder der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (Gnor) beobachten seit Jahrzehnten aufmerksam Entwicklungen in der heimischen Vogelwelt. In jüngster Vergangenheit bereitet ihnen das Verhalten einiger Landwirte im vorderpfälzischen Gemüseanbaugebiet Sorge: Feldfrüchte, die beispielsweise mangels Nachfrage nicht verkauft werden können, werden auf den Äckern untergepflügt. Das an sich wollen die Gnor-Leute überhaupt nicht kritisieren. Wohl aber, wenn Radieschen, Zucchini, Salate und anderen Gemüsesorten allem Anschein nach samt Verpackungen, Gummiringen, Kunststoffschnüren und Folienresten auf Feldern abgeladen werden.

Mit fatalen Folgen für die Tierwelt

Die zum Teil erheblichen Mengen an Gemüseabfällen ziehen hungrige Vögel in Scharen an, hat das Gnor-Vorstandsmitglied Thomas Dolich beobachtet. Die hellbraunen Gummiringe, wie sie beispielsweise für das Zusammenhalten von Radieschen-Bündeln verwendet werden, werden dann nicht selten an den Nachwuchs verfüttert. Der wahrscheinliche Grund: Wenn die Jungen geschlüpft sind, stehen die Altvögel unter erheblichem Stress. Ständig müssen sie neues Futter aufspüren, um ihre Küken aufzuziehen. In der Hektik verwechseln beispielsweise Storcheneltern diese Gummis dann vermutlich mit Würmern. So ist ein Jungstorch bei Harthausen (Rhein-Pfalz-Kreis) verhungert, weil sein Magen mit Gummiringen gefüllt war, haben Gnor-Mitglieder dokumentiert. Sein Magen konnte die Ringe offensichtlich weder verdauen noch konnte der Vogel das Zeug wieder hervorwürgen. Ein anderer Jungvogel strangulierte sich mit einer blauen Kunststoffkordel, wie sie ebenfalls immer wieder auf den Feldern auftaucht. Außerdem bauen Störche Plastikmüll und Gummiringe in und unter ihre Nester ein.

Unterpflügen von Plastikmüll nimmt zu

Die Gnor will keineswegs allen Landwirten unterstellen, dass sie sich so verantwortungslos verhalten. Dolich und sein Gnor-Vorstandskollege Peter Keller haben aber inzwischen den Eindruck gewonnen, dass das Unterpflügen von Plastikmüll zunimmt. Und das in einer Zeit wachsender Bemühungen, gerade solche Abfälle aus der Umwelt fernzuhalten. Um die Plastikflut einzudämmen, müssen Verbraucher, wenn sie in Supermärkten einkaufen, ihre Tüten inzwischen bezahlen. Und auch Handwerksbetriebe müssen ihren Müll trennen, sagen die beiden Vorstandsmitglieder. Deshalb sollte dies auch von landwirtschaftlichen Großbetrieben verlangt werden können. Hinzu kommt, so Dolich und Keller: Plastikabfälle überdauern Hunderte von Jahren. „Bei jeder Bodenbearbeitung kommen sie wieder zum Vorschein und stellen eine erhebliche Gefahr nicht nur für Störche, sondern für alle Vogelarten dar.“ Dadurch drohe langfristig eine massive Vermüllung und Schadstoffbelastung der Felder, auf denen unsere Lebensmittel erzeugt werden. Hinzu komme, dass Plastikreste durch das Unterpflügen zerkleinert werden und durch Wind oder Regenwasser in die Flüsse und damit in die Meere gelangen. Mehr noch, so die Gnor-Vorstandsmitglieder: Im vorderpfälzischen Gemüseanbaugebiet haben es gerade Vögel und Insekten aufgrund der mehrmonatigen Folienabdeckung der Felder ohnehin nicht leicht zu überleben.

Dokumentationen und Appelle

In einem dokumentierten Fall hat Dolich zum einen das Ordnungsamt von Dannstadt-Schauernheim sowie die Abfall- und Naturschutzbehörden des Rhein-Pfalz-Kreises eingeschaltet. Außerdem appelliert die Gnor an die Verbände und die beratenden Organisationen der Landwirtschaft, an die Bauernverbände, die Landwirtschaftskammer und an das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum, sich der ordnungsgemäßen Entsorgung des Plastikmülls anzunehmen. Auch sollten sie „schwarze Schafe“ in ihren Reihen aufspüren und zur Rechenschaft ziehen. „Plastikmüll gehört nicht auf den Acker“, stellt Andreas Köhr vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd ohne Wenn und Aber gegenüber der RHEINPFALZ fest. Und: „Dementsprechend sensibilisieren die Verbände ihre Mitglieder, und zwar egal um welche Produktrichtung es sich handelt, permanent bei Versammlungen für dieses Thema.“

Zucchini und andere Gemüseabfälle zusammen mit Plastikverpackungen auf einem Feld im mittleren Rhein-Pfalz-Kreis.
Zucchini und andere Gemüseabfälle zusammen mit Plastikverpackungen auf einem Feld im mittleren Rhein-Pfalz-Kreis.
Auf diesem Acker im mittleren Rhein-Pfalz-Kreis fanden die Vogelschützer Gummiringe und blaue Plastikkordeln.
Auf diesem Acker im mittleren Rhein-Pfalz-Kreis fanden die Vogelschützer Gummiringe und blaue Plastikkordeln.
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