Podcast „Alles Böse“ Verbotene Hells Angels: So kämpfen die Rocker um ihr Vereinsheim

Beschlagnahmt: früheres Vereinsgelände der Hells Angels im Kreis Neuwied.
Beschlagnahmt: früheres Vereinsgelände der Hells Angels im Kreis Neuwied.

Vor fünf Jahren ist ein Hells Angels-Club aus dem Kreis Neuwied als kriminelle Bande verboten worden. Damit haben die Rocker auch ihren Club-Besitz an den Staat verloren. Doch mit dem Verlust wollten sie sich nicht abfinden, sie zogen vor Gericht. Nun sind Urteile gefallen.

Nie, wirklich nie wieder sollen sich Rocker hier zusammenrotten. Ehe Polizisten im März 2016 ein Club-Gelände der Hells Angels im Kreis Neuwied verrammeln, verladen sie auf Lastwagen, was nicht niet- und nagelfest ist: zwei Motorräder, Möbel, die gut sortierte Schnapsbar. Die massiven Holzbänke allerdings sind zu schwer, also machen Kettensägen sie zu Kleinholz. Denn Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat ein Machtwort gesprochen: Die Motorrad-Gang soll ab sofort als kriminelle Bande verboten sein.

Im ersten Anlauf gescheitert

Doch endgültig abgewickelt ist die Sache bis heute nicht: Noch immer beschäftigt der Fall die Gerichte. An die hatten sich die Rocker schon gleich nach dem Verbot für fünf Jahren gewandt – und prompt einen vorübergehenden Erfolg errungen. Verwaltungsjuristen bescheinigten dem Landes-Inneninnenminister, dass er seine Kompetenzen überschritten habe. Denn sein Bannstrahl hatte eine Gang getroffen, die sich offiziell als Bonner Ortsgruppe der Hells Angels bezeichnete und mithin nicht nur in Rheinland-Pfalz zu Hause war.

Doch einen in mehreren Ländern aktiven Verein kann nur der Bundesinnenminister verbieten. Also sprang nach Lewentz’ Scheitern der damalige Amtsinhaber Thomas de Maizière (CDU) ein: Von Berlin aus ging er gegen die Gang vor, die spätestens seit 2010 als brandgefährlich galt. Denn da hatte ihr Boss einen Polizisten des rheinland-pfälzischen Spezialeinsatzkommandos (SEK) erschossen – ohne später dafür bestraft zu werden. Denn er beteuerte: Er dachte, dass er sich gegen mordlüsterne Konkurrenz-Rocker verteidigt.

Freispruch nach Todesschuss

Mit dem Freispruch für den Todesschützen mussten sich die rheinland-pfälzischen Sicherheitskräfte abfinden, doch anschließend schauten sie Rockerbanden umso genauer auf die Finger – zum Beispiel, um belastenden Material für Verbotsverfahren zu sammeln. Was sie gegen die Hells Angels aus dem Kreis Neuwied zusammentrugen, überzeugte schließlich auch das Bundesverwaltungsgericht: Im Dezember 2018 hat es den juristischen Protest der Motorradgang gegen ihr erzwungenes Ende endgültig abgeschmettert.

Damit steht auch unwiderruflich fest, dass ihr Vereinsvermögen in Staatseigentum übergeht. Doch spätestens nach Lewentz’ gescheitertem Verbotsversuch im März 2016 konnten die Rocker ahnen, was ihnen aus Berlin blühe würde – und Vorkehrungen treffen. Tatsächlich kamen sie schon bald zu Mitgliederversammlungen zusammen, in denen sie die Selbstauflösung ihrer Truppe beschlossen. Und entschieden, dass Devotionalien wie Aufnäher mit Vereinslogo nun nicht mehr der Gruppe gehören, sondern Einzelpersonen.

Prozess ums Clubhaus

Ihre Vereinszentrale im Weiler Unterelsaff wiederum schien ohnehin vor staatlichem Zugriff geschützt. Denn sie war nur angemietet: von einer „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“. Doch deren Gesellschafter waren allesamt Clubmitglieder. Und als Miete kassierte sie nur, was seit dem Kauf des Areals bei der Bank abzustottern war. Weshalb Koblenzer Richter nun geurteilt haben: Das einstige Bahnhofsgelände mit Clubhaus, Gästehaus, Grillhütte und Poolbar hat sehr wohl der Gang gehört – und ist daher zurecht beschlagnahmt.

Behalten darf der Staat laut Koblenzer Urteil auch eine Harley Davidson, auf der ein Hells Angels-Schriftzug prangt. Offizielle Halterin des Motorrads war die Ehefrau eines einstigen Rockerfunktionärs. Doch die hat dafür gar keinen Führerschein. Die Richter gehen also davon aus, dass ihr Gatte damit herumgeknattert ist. Und zwar bei Club-Ausfahrten, die kriminellen Geschäften dienten. Ob damit das letzte Wort in dem Rechtsstreit gesprochen ist, ist aber noch offen: Die Ex-Rocker können sich noch bis Ende August überlegen, ob sie eine Berufung wollen.

 

Mehr im Podcast

Um Rocker geht es auch in zwei Folgen des RHEINPFALZ-Podcasts „Alles Böse“. In „Schnelles Helles und die Hells Angels“ erzählt Reporter Christoph Hämmelmann zum Beispiel, wie sich Polizisten als scheinbar lächerliche Konkurrenz-Gang verkleideten, um eine Bande zu provozieren. Und in „Waffen, Koks und Vokabelhefte“ berichtet er von einer großen Prozess-Serie gegen Pfälzer Mitglieder des Gremium-Clubs. Kostenlos abrufbar sind die Beiträge zum Anhören auch auf gängigen Plattformen wie Spotify, Google Podcasts, Apple Podcasts oder Castbox.

Um Rockerbanden geht es auch in zwei Folgen des RHEINPFALZ-Podcasts „Alles Böse“.
Um Rockerbanden geht es auch in zwei Folgen des RHEINPFALZ-Podcasts »Alles Böse«.
Die Macher des RHEINPFALZ-Podcasts „Alles Böse“: Uwe Renners und Christoph Hämmelmann.
Die Macher des RHEINPFALZ-Podcasts »Alles Böse«: Uwe Renners und Christoph Hämmelmann.
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