Rheinland-Pfalz Rot-Grün will mehr Transparenz

MAINZ (nob). Die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags müssen nach wie vor nicht offenlegen, wie viele Einkünfte sie neben ihren Diäten kassieren. Landtagspräsident Joachim Mertes (SPD) sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern. Dagegen gibt es Widerspruch aus der eigenen Fraktion und vor allem von den Grünen.

Der Präsident sehe keinen Handlungsbedarf, bekräftigte ein Sprecher der Landtagsverwaltung gestern den Standpunkt des SPD-Politikers. Dessen Argumentation: Die Transparenz-Regeln des Mainzer Landtags seien bereits vor Jahren modernisiert worden. Demnach habe er als Präsident einen Überblick über die Höhe der Nebeneinkünfte eines jeden Abgeordneten. Seine Lebenserfahrung reiche aus, um zu erkennen, wenn eine rote Linie überschritten würde. Diese Position ist in den Reihen der rot-grünen Koalition auf deutlichen Widerspruch gestoßen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Nils Wiechmann, nannte die rheinland-pfälzischen Regeln zur Offenlegung von Nebenverdiensten der Abgeordneten veraltet. Die Schaffung von mehr Transparenz sei eine Chance, Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Wiechmann kündigte einen entsprechenden Vorschlag der Grünen an. Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Barbara Schleicher-Rothmund, ging auf Distanz zu Mertes: Rot-Grün habe nie Zweifel aufkommen lassen, dass bei den Nebeneinkünften mehr Transparenz notwendig sei. SPD-Fraktionschef Hendrik Hering erklärte, es werde eine gemeinsame Initiative mit den Grünen noch vor der Sommerpause geben. Im Landtag gibt es eine Reihe von Abgeordneten, die neben ihrem Mandat einen Beruf ausüben. Die überwiegende Mehrheit geht einer bezahlten beziehungsweise einer ehrenamtlichen Nebentätigkeit nach. Auskunft darüber gibt das „Handbuch des Landtags“, in dem solche Tätigkeiten veröffentlicht werden müssen. Nachzulesen sind die Angaben auch auf der Homepage des Landtags. Ob ein Parlamentarier Geld bekommt und wie hoch das Zubrot ist, das er im Beruf oder als Mitglied zum Beispiel eines Aufsichtsgremiums verdient, darüber verraten die Angaben allerdings nichts. Zudem müssen die Abgeordneten dem Präsidenten anzeigen, wenn sie zum Beispiel als Berater oder Gutachter aktiv werden. Außerdem müssen sie Spenden und Zuwendungen (auch der Höhe nach) melden. Die veröffentlichten Angaben zeigen: Sehr viele Abgeordnete sind Mitglieder des Verwaltungsrats einer Sparkasse in ihrem Wahlkreis. Häufig sitzen Parlamentarier in den Aufsichtsräten von Energieversorgern. Ein Tummelfeld sind die Aufsichtsgremien von Unternehmen der öffentlichen Hand und Unternehmen der regionalen Wirtschaftsförderung beziehungsweise die Vorstände von Verbänden. Eine ganze Reihe von Volksvertretern übt neben dem Mandat einen Beruf aus. Die Offenlegung der Nebentätigkeiten und Nebenverdienste von Landtagsabgeordneten ist zwar immer wieder diskutiert, dabei jedoch nur mit spitzen Fingern angefasst worden. Das Plenum des Mainzer Landtags hat sich zuletzt 2005 mit dem Thema befasst, geändert wurde nichts. Erneut angeschoben wurde die Debatte im Herbst 2012, als Nebeneinkünfte des SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück bundesweit für Aufregung sorgten. In der Folge hat sich der Bundestag neue und strengere Regeln gegeben: Früher mussten Abgeordnete die Höhe ihrer jährlichen Nebeneinkünfte in drei Stufen angeben: bis 1000 Euro, bis 7000 Euro und über 7000 Euro. Jetzt sind es zehn Stufen, wobei die Stufe zehn für Einkünfte über 250.000 Euro gilt. Eine ganze Reihe von Landesparlamenten haben seither ihre Transparenzvorschriften nach dem Vorbild des Bundestags angepasst. So gelten zum Beispiel in Hessen und Bayern seit 2013 Neun- beziehungsweise Zehn-Stufen-Regelungen, in Thüringen werden die neuen Vorschriften in diesem Herbst in Kraft treten. Die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen diskutiert nach wie vor die völlige Offenlegung der Nebeneinkünfte. In Mainz hielten sich die Fraktionen bisher bedeckt. Gestern schlug Hering ein Stufenmodell nach Vorbild des Bundestags vor. Wiechmann sagte, „unsere Bürgerinnen und Bürger haben mindestens die gleichen Ansprüche auf Transparenz und Information wie ein Hesse“. Ein Sprecher der CDU-Fraktion erklärte, man werde sich positionieren, wenn der Vorschlag der Koalition vorliege. In der Vergangenheit war es stets bei Lippenbekenntnissen dieser Art geblieben. Nur die Grünen machen in eigener Sache Nägel mit Köpfen: Auf der Homepage der Fraktion ist bis auf den Cent nachzulesen, was die einzelnen Abgeordneten verdienen.

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